Politik
Deutschland

Israel-Krieg: Arabisch-deutscher Journalist empört von Steinmeiers Rede

17.10.2023, Th
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Runden Tisch in Deutschland Menschen mit arabischen Wurzeln dazu aufgerufen, auf Distanz zur Hamas zu gehen.Bild: dpa / Martin Schutt
Deutschland

Israel-Krieg: Arabisch-deutscher Journalist empört von Steinmeiers Rede

09.11.2023, 14:2209.11.2023, 14:25
Mehr «Politik»

Der Israel-Gaza-Krieg ist auch in Deutschland ein extrem emotional aufgeladenes Thema. Die Debatte, so macht es den Eindruck, dreht sich an vielen Stellen im Kreis. Während Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang auf der einen Seite vor einer Gefährdungslage für Juden und Jüdinnen spricht, sehen sich auch Muslime und muslimisch gelesene Menschen mit einem neuen Ausmaß der Diskriminierung konfrontiert.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht sich dazu berufen, angesichts pro-palästinensischer Demonstrationen einen Appell an die hier lebenden Menschen mit "palästinensischen und arabischen Wurzeln" zu richten. Bei vielen kommt das mäßig an. Der arabisch-deutsche Journalist Yassin Musharbash macht seinen Gefühlen dazu auf X, früher Twitter, Luft.

Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden? Hier findest du unseren Broadcast-Channel.

Steinmeier fordert aktive Distanzierung von Hamas-Terror

"Lassen Sie sich von den Helfershelfern der Hamas nicht instrumentalisieren", sagte er bei einem Runden Tisch im Schloss Bellevue. "Sprechen Sie für sich selbst. Erteilen Sie dem Terror eine klare Absage."

Die palästinensische Gemeinschaft in Deutschland solle Raum haben, um ihren Schmerz und ihre Verzweiflung über die zivilen Opfer in Gaza zu zeigen und mit anderen zu teilen. "Das Recht, das öffentlich und friedlich zu tun, ist von unserer Verfassung garantiert – und dieses Recht steht nicht infrage", betonte Steinmeier. Was folgt, ist ein lautes Aber:

"Terrorismus, Volksverhetzung und der Aufruf zur Vernichtung des Staates Israel sind nicht Teil dieser Garantie, und ich erwarte, dass wir gemeinsam dagegenhalten."

Gerade mit der Aufforderung der klaren Distanzierung fühlen sich wohl einige migrantisierte Menschen vor den Kopf gestoßen. Der Journalist Yassin Musharbash schreibt auf X dazu: "Ich bin ein 'Mensch mit arabischen Wurzeln'. Und deutscher Staatsbürger. Und noch nie ich habe [sich!] mich für einen deutschen Bundespräsidenten geschämt wie heute für FW Steinmeier. Er 'bittet' mich, mich von der Hamas zu distanzieren?? MICH?"

Er fragt, ob Steinmeier auch nur im Geringsten eine Ahnung davon hätte, wie beleidigend es sei, zu fordern, dass Menschen mit Migrationsgeschichte "für sich selbst sprechen" und sich "nicht von der Hamas instrumentalisieren zu lassen". Musharbash schreibt:

"'Erteilen Sie dem Terror eine klare Absage!', fordert mein Bundespräsident von mir. Ich habe glaubhafter und öfter über die Scheiße, die der Terror ist, geredet und geschrieben als er."

Das sei aber nicht einmal das eigentliche Problem. "Der ganze Ton ist herablassend, orientalistisch und uninformiert. Fürs Protokoll: Ich fühle mich ausgegrenzt", stellt Musharbash klar. Er sei solidarisch mit allen Jüdinnen und Juden, die Antisemitismus ausgesetzt sind. Antisemitismus sei aber kein rein islamistisches Problem. Musharbash schreibt: "Glaubt Herr Steinmeier, Islamisten haben außer Juden keine Feinde? Glaubt er, es gibt keine queren, liberalen, demokratischen Araber?"

Er selbst sei ein trinkender Araber, der wählt, die Kunstfreiheit verteidigt und Atheisten in Schutz nimmt. "Ich muss mich nicht von der Hamas "distanzieren". Die Hamas hasst mich", macht er deutlich. Er freue sich, falls "irgendein Araber Steinmeiers Worte als Einladung versteht". Aber er selbst fühle sich dadurch primär unverstanden.

(Mit Material der dpa)

AfD-Abgeordneter will Olaf Scholz bei Vertrauensfrage unterstützen

Bundeskanzler Olaf Scholz' (SPD) Vertrauensfrage am 16. Dezember soll den Weg für die Neuwahlen im Februar ebnen. Es gilt als reine Formalität, damit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann den Bundestag auflösen kann.

Zur Story