Geld ist einer der vielen Knack- und Streitpunkte in der Ampel-Regierung. Wie sollen die Finanzen verteilt werden, wenn keine neuen Schulden gemacht und keine neuen Steuern eingeführt werden sollen? Verantwortlich für die Verteilung ist Finanzminister Christian Lindner (FDP). Aktuell wird ihm von vielen Seiten Herzlosigkeit vorgeworfen.
Der Grund: Er hat dem zusätzlichen Bedarf von zwölf Milliarden Euro, den Familienministerin Lisa Paus (Grüne) für die Kindergrundsicherung angemeldet hat, eine Absage erteilt. Gerade die Grünen tun sich mit dieser Entscheidung schwer. Die Sprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich erklärt nun, warum sie diese Blockade persönlich nimmt.
Auf ihrem Blog erzählt sie ihre eigene Geschichte. Denn Heinrich wuchs selbst in Armut auf – und lebt nun seit vier Jahren, laut eigenen Angaben, nicht mehr in Armut. "Ich nehme diese Debatte persönlich", schreibt sie. Und fährt fort: "Kinderarmut macht Kinder schwächer, nicht stärker."
Heinrich selbst merke bis heute, wie sehr sie ihre Armut geprägt hat – auch wenn ihre Mutter versucht habe, die Auswirkungen von ihr fernzuhalten. Heinrich meint: "Wenn es damals eine echte Kindergrundsicherung gegeben hätte: Das hätte wirklich einen Unterschied für mich gemacht."
Dieser Unterschied hätte bereits bei der Ernährung begonnen, ist Heinrich überzeugt. Auch sie und ihre Mutter hätten ab und zu zur Tafel gehen müssen, für viele Menschen gehöre der Gang zu dieser Noteinrichtung zum Alltag. "Es ist gut, dass es die Tafeln gibt. Aber die Regierung sollte dafür sorgen, dass es sie nicht mehr braucht", macht die Grüne-Jugend-Sprecherin deutlich.
Auch ihr Tanzkurs – wohl das größte Hobby der Jugendlichen Heinrich – musste zur Hälfte von ihrer Mutter bezahlt werden. Das Geld dazu wurde abgespart; "beim Essen, beim Kino oder beim Friseur." Neue Hobbys auszuprobieren war deshalb, laut Heinrich, quasi nicht möglich.
Ebenso der Zugang zu kulturellen Angeboten: Musikschule, Theaterkurs, häufige Kinobesuche – unmöglich. "Aber weil ich es eben nicht konnte, fällt es mir noch heute schwer, Zugang zu Kultur zu finden – so fremd fühlt es sich an", schreibt Heinrich.
Hätte es zu ihres Aufwachsens die Kindergrundsicherung gegeben, hätte sie weniger Sorgen gehabt, ist sich Heinrich sicher. Sie erklärt: "Diese ständigen Sorgen machen krank. Armut macht krank." Ihre Ausführungen, macht Heinrich deutlich, beschrieben keinen Luxus, sondern eine normale Jugend.
Sie schreibt:
Sie selbst werde zwar nicht mehr herausfinden können, wie ihre Kindheit und Jugend ohne die Armut gewesen wäre – aber sie möchte, dass es die rund zwei Millionen Kinder erleben, die aktuell in Armut aufwachsen. Und jene, die in den kommenden Jahren in die Armut hineingeboren werden.
Finanzminister Christian Lindner hat währenddessen die Bedeutung des Lohnabstandsgebots unterstrichen. "Wir müssen bei neuen Sozialleistungen nun darauf achten, dass sich Menschen nicht irgendwann fragen, ob es bei ihnen finanziell noch einen fairen Unterschied ausmacht, wenn sie arbeiten gehen oder nicht", sagte der FDP-Chef den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
"Das Lohnabstandsgebot ist hoch anerkannt. Die Sozialpolitik muss das beherzigen", betonte Lindner. "Auch wenn das Wort Kindergrundsicherung herzlich klingt, sind die Milliarden Euro für gute Kitas und Schulen, Sprachförderung und Arbeitsmarktförderung der Eltern möglicherweise besser angelegt", sagte Lindner weiter.
Der Finanzminister geht davon aus, dass durch ein vereinfachtes und automatisiertes Verfahren zwei bis drei Milliarden Euro mehr an Familien fließen. "Wir haben viele Hilfen und Leistungen für Familien, die nicht in Anspruch genommen werden. Das zu verbessern, ist die bahnbrechende Idee der Kindergrundsicherung", sagte der Finanzminister der Mediengruppe Bayern.
(Mit Material der dpa)