Wenn Rezo ein Video zum Thema Politik veröffentlicht, dürfte bei vielen Parteien in Deutschland das große Zittern einsetzen. Unvergessen, wie der bis dato eher unpolitische Youtuber mit den blauen Haaren kurz vor der Europawahl im Mai 2019 die CDU "zerstörte". Ob die Verluste, die diese dann bei der Wahl einfuhr, auch auf sein Video zurückzuführen waren, ist zwar umstritten, aber trotzdem war an den nervösen Reaktionen aus der Partei zu spüren: Das macht denen Angst.
Nun nimmt sich Rezo erneut ein politisches Thema vor. Dieses Mal geht es jedoch nicht um eine bestimmte Partei, sondern um eine konkrete Entscheidung. Beziehungsweise mehrere, denn die Linien der einzelnen Bundesländer beim Thema Schulöffnungen und Abiturprüfungen weichen stark voneinander ab.
Genau das nimmt Rezo ins Visier. Er kritisiert in gewohnt launiger Ausdrucksweise, dass angesichts der Corona-Krise 2020 nicht einfach ein Durchschnittsabi zum Einsatz kommt. Bei diesem würde sich die Abiturnote aus dem Durchschnitt der in der Oberstufe erbrachten schulischen Leistungen berechnen – ohne zusätzliche Abschlussprüfung.
Und, wo er schon mal dabei ist, zerstört er gleich noch die Heinsberg-Studie, Armin Laschet und alle diejenigen, die jetzt schon lautstark nach Lockerungen schreien.
Aber von vorne. Hauptsächlich geht es Rezo um die Wiederöffnung der Schulen. Diese sollen in einigen Bundesländern in diesen Tagen durchgeführt werden. In anderen wurden sie schon durchgeführt, wieder andere planen eher mit Mai. Ähnliches gilt für die Abiturprüfungen. Kurzum: Ein Riesenchaos, bei dem keiner durchblickt. Keiner außer Rezo, natürlich.
"Erinnert euch an die großartigen Hygienestandards in der Schule", fordert er die Zuschauer auf. "Versetzt euch kurz da rein. Und jetzt stellt euch vor, das wären die Standards bei einer Pandemie gewesen. Hm, nicht so geil."
Er zitiert Lehrkräfte, die von fehlenden Reinigungsmitteln wie Seife berichten, von zu wenig Waschbecken, von nicht vorhandenen Desinfektionsmitteln.
Außerdem verweist Rezo auf die erheblichen psychischen Belastungen, die mit der Corona-Krise einhergehen. "Sind wir mal ehrlich, die aktuelle Zeit ist nicht so geil." Die Schüler würden nun von der Politik alleine gelassen und müssten selbst die Verantwortung tragen für ihre Entscheidung, zur Schule zu gehen oder nicht. "Das ist nicht schön."
Zusätzlich zu Verunsicherung, Stress und Ängsten werde auch noch mit dem Leben der Schüler gespielt, fährt Rezo fort und spielt eine Sequenz ein, in der die NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer erklärt, es werde Schulklassen geben, in denen es den Tod von Mitschülern, Lehrkräften oder Verwandten zu beklagen gebe. Aus dem Ausschnitt wird allerdings nicht klar, ob sie meinte, dass diese Todesfälle aufgrund der Schulöffnungen geschehen würden – und das somit wissentlich in Kauf nahm.
Der Youtuber widmet sich aber auch den Gegenargumenten, jedenfalls denen, die er ausgemacht hat. Zum einen nennt er die Heinsberg-Studie, die gerne als Argumentationshilfe für alle möglichen Lockerungsforderungen herangezogen würde – zu Unrecht, wie Rezo ausführt. Er zitiert die massive Kritik, der sich der Virologen Hendrik Streeck ausgesetzt sah und die nach wie vor unklare Verwicklung einer PR-Agentur in die Veröffentlichung der bisherigen Ergebnisse.
Zum anderen betont er: "Die Ergebnisse waren eine Bestätigung dessen, was man vorher schon angenommen hatte." Er verweist auf ein Video von Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die kürzlich auf genau diesen Umstand hingewiesen hatte.
Doch auch am zweiten Argument der Befürworter von Schulöffnungen und einer Durchführung der Abiturprüfungen lässt er kein gutes Haar. Die Vergleichbarkeit sei in Gefahr, zitiert er NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Mit dem habe er kürzlich telefoniert. "Der hat mir gesagt, klar könnte man in NRW ein Durchschnittsabi machen. Aber was, wenn das dann in einem anderen Bundesland von einer Uni nicht anerkannt wird?"
Das habe er zuerst nachvollziehen können. Dann aber habe er mit dem Rechtsanwalt Felix Winkler gesprochen. "Und der hat mir erklärt, dass das von Laschet entworfene Szenario total unrealistisch ist." Grund sei das Hamburger Abkommen, dass seit 1964 sicherstelle, dass jedes Bundesland die Schulabschlüsse anderer Bundesländer anerkennen müsse.
Rezos abschließendes Fazit fällt dementsprechend bitter aus:
Dem Verdacht der einseitigen Parteinahme zugunsten einer bestimmten Partei setzt er sich, anders als bei dem CDU-Video, dieses Mal nicht aus: Zum Abschluss zeigt er eine Grafik, welcher Partei die für dieses Vorgehen verantwortlichen Kultusminister angehören. Neben der CDU tauchen da die SPD, die Linke sowie die Freien Wähler auf.
(om)