Andrij Melnyk ist umstritten. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges fiel der ukrainische Botschafter in Deutschland regelmäßig mit verbalen Ausfällen und unbequemen Äußerungen auf: Er entwickelte sich für zahlreiche Politiker:innen zu einem Störenfried. Denn er ließ keine Chance aus, der deutschen Bundesregierung den Spiegel vor die Nase zu halten.
So bezeichnete er den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa als "beleidigte Leberwurst". Mit seinen Äußerungen hat er auch teilweise die Rückendeckung seiner eigenen Regierung verloren. Sogar der ukrainische Außenminister distanzierte sich von den Aussagen Melnyks. Nun ist sein Botschafter-Status in Deutschland bald Geschichte. Im Juli dieses Jahres hat Präsident Wolodymyr Selenskyj ihn und weitere Botschafter von dem Posten abberufen.
Das ändert jedoch nichts daran, dass Melnyk weiterhin das politische Geschehen und speziell das der Regierungsparteien kommentiert.
Er zeigt gerne klare Kante: Am Freitag wetterte er auf Twitter erneut gegen die SPD-Linke.
Der Grund: In einem Appell mit dem Titel "Die Waffen müssen schweigen!" hatte eine Gruppe von SPD-Politiker:innen gefordert, auf einen schnellstmöglichen Waffenstillstand zu drängen, wie der "Spiegel" berichtet hatte. Eine grundsätzliche Verbesserung der Beziehung zu Moskau sei aber erst in der Ära nach dem amtierenden Machthaber Wladimir Putin möglich, räumen die Autor:innen in dem Text ein. Auch wird das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine anerkannt.
Gleichwohl müsse aber "auf Basis der Zurkenntnisnahme von Realitäten, die einem nicht gefallen, mit der russischen Regierung ein Modus Vivendi gefunden werden, der eine weitere Eskalation des Kriegs ausschließt", verlangen die Beteiligten. Dazu müsse es eine Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland geben. Als Vermittler schlagen sie China vor.
Was Melnyk davon hält, machte er in seinem Tweet deutlich: "Lieber Gott, ist diese Partei noch zu retten? Wie kann man so herzlos und geschichtsvergessen sein? Meine Güte", kommentierte er den Appell.
In einem weiteren Tweet begründete er, kurze Zeit später, seine Fassungslosigkeit und bezeichnete den Appell der SPD-Gruppierung als "einfach widerlich". An die Verfasser gerichtet, schrieb er: "Euer zynischer Vorschlag über einen 'Modus Vivendi' mit Terrorzelle Russland heißt, die Ukraine zu verraten und Millionen Ukrainer den russischen Mörder- und Vergewaltiger-Schergen zu opfern."
Noch bis Oktober wird Andrij Melnyk seiner Arbeit als Botschafter der Ukraine in Berlin nachgehen. Erst Anfang dieser Woche kündigte er an, die Wogen glätten zu wollen. "Ich hoffe, dass ich die Möglichkeit bekomme, vor meiner Abreise nach Kiew den Kanzler, den Bundespräsidenten, auch den Finanzminister persönlich zu treffen, um einiges auszuräumen", sagte er der dpa. Dennoch bereue er seine Aussagen nicht.
Es seien schwierige Zeiten, für sein Land und alle Ukrainer:innen. "Ich hoffe, dass keiner nachtragend sein wird. Und ich hoffe, dass Deutschland weiterhin sehr stark an unserer Seite stehen wird", sagte er im Interview.
(mit Material von dpa)