Am 9. November 1989 fiel die innerdeutsche Mauer und vereinte Westdeutschland mit der DDR. Für viele DDR-Bürger eröffnete sich damit eine neue Welt.
Auch für Bundeskanzlerin Merkel. In einem Interview mit dem "Spiegel" sprach sie über ihre Träume, darüber, was sie heute tun würde, wenn die DDR noch immer bestünde und wie sie zu einer Koalition mit der Linkspartei steht.
Das Interview ist vor allem deshalb spannend, weil Merkel zuletzt immer wieder in die Kritik geraten war: Bei innerparteilichen Konflikten hielt sie sich mit ihrer Meinung zurück, beim Streit um eine Sicherheitszone in Nordsyrien sprang sie CDU-Parteichefin AKK nicht zur Seite.
Nun bricht Merkel ihr Schweigen, gibt wieder ein großes Interview. Das sind die sechs spannendsten Aussagen aus dem "Spiegel"-Gespräch:
"AfD-Gründer Bernd Lucke muss eine Vorlesung an der Uni Hamburg halten können, das muss der Staat notfalls durchsetzen. Aber die Debatte läuft ja so, dass ein sogenannter Mainstream definiert wird, der angeblich der Meinungsfreiheit Grenzen setzt. Doch das stimmt einfach nicht. Man muss damit rechnen, Gegenwind und gepfefferte Gegenargumente zu bekommen. Meinungsfreiheit schließt Widerspruchsfreiheit ein. Ich ermuntere jeden, seine oder ihre Meinung zu sagen, Nachfragen muss man dann aber auch aushalten. Und gegebenenfalls sogar einen sogenannten Shitstorm. Ich habe das auch schon erlebt. Das gehört zur Demokratie dazu."
"Herr Ramelow hat das Problem, keine Mehrheit mehr zu haben. Nun geht es für ihn darum, ob er sich eine Mehrheit zu organisieren versucht oder nicht. Und dabei ist mein grundsätzlicher Rat an die CDU: einfach mal abwarten. Vielleicht will er mit uns ja auch gar nicht sprechen. Falls Herr Ramelow doch das Gespräch mit der CDU sucht, sollte man ihm das nicht verweigern, er ist schließlich der Ministerpräsident, aber mit Koalitionen und Zusammenarbeit hat das nichts zu tun."
"Was viele Westdeutsche so schwer verstehen ist, dass es auch in einer Diktatur gelungenes Leben geben konnte. Dass wir Freunde und Familien hatten, mit denen wir trotz des Staates Geburtstage und Weihnachten feierten oder Traurigkeit teilten, natürlich immer in einer gewissen Wachsamkeit vor dem Staat."
"Ich hätte mir damals mehr Neugierde und Interesse der westdeutschen Politiker gewünscht."
Dem "Spiegel" sagte sie, dass eine Amerika-Reise ein großer Traum gewesen sei. "Wegen der Größe, der Vielfalt, der Kultur. Die Rocky Mountains sehen, mit dem Auto herumfahren und Bruce Springsteen hören."
(lin)