Annegret Kramp-Karrenbauer (links) und Friedrich Merz auf dem CDU-Parteitag im Dezember 2018.Bild: imago images / Xinhua / Shan Yuqi
Deutschland
Die CDU startet am Freitag ihren zweitägigen Bundesparteitag in Leipzig. Mit Hochspannung werden vor allem die Reden von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrem Kanzlerschafts-Konkurrenten Friedrich Merz erwartet. Kommt es zu Showdown zwischen den beiden?
22.11.2019, 08:1822.11.2019, 08:45
Unmittelbar vor Beginn des CDU-Parteitags in Leipzig
hat die unter Druck stehende Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer
ihre Führungsrolle im Kanzlerkandidaten-Prozess untermauert. "Ich bin
als Parteivorsitzende diejenige, die diesen Prozess von vorne führt",
bekräftigte sie in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag).
"Wir entscheiden das im Herbst 2020 auf unserem Parteitag. Wer das anders will, hat hier in Leipzig die Gelegenheit, sich zu melden."
Das zielt auf die Bestrebungen einiger CDU-Delegierter ab. Am Freitag beginnt das zweitägige Delegiertentreffen, bei dem eine Entscheidung über die Möglichkeit einer Urabstimmung über den Kanzlerkandidaten getroffen werden soll. Die Junge Union hat dies beantragt, was als Affront gegen
Kramp-Karrenbauer verstanden wurde.
Allerdings gibt es in der
Parteiführung wenig Rückhalt dafür, weil die CDU die K-Frage nicht
allein, sondern nur mit der CSU zusammen entscheiden kann. CSU-Chef
Markus Söder, der am Samstag einen Gastauftritt haben wird, hat
bereits darauf gepocht.
Zugleich zeigte sich Kramp-Karrenbauer offen für Diskussionen bei dem
Parteikongress auf dem Leipziger Messegelände. "Ich bin die
'selbstbewusste Vorsitzende' einer selbstbewussten Volkspartei, sagte
sie in den ARD-"Tagesthemen" angesprochen auf parteiinterne Kritiker.
"Ich wäre es nicht, wenn ich keinen Raum geben würde, für
Diskussionen und für starke Mitglieder, für starke Delegierte."
Jeder, der ehrgeizig sei, also die CDU besser und noch erfolgreicher
machen wolle, "ist mir herzlich im Team willkommen", sagte AKK. Sie
freue sich über die Aussprache am Freitag, bei der sich auch
Friedrich Merz zu Wort melden werde. Merz wird als Delegierter in der Aussprache über die Rede Kramp-Karrenbauers das Wort ergreifen.
Ziemiak: Müssen unser Potenzial wieder ausschöpfen
Generalsekretär
Paul Ziemiak hat aber deutlich gemacht, dass er trotz der
Zeitbegrenzung ausreichend Zeit dafür haben wird. Es gehe "zum einen
um die Sach-Themen, die uns als Union in den nächsten Jahren
beschäftigen sollten, und zum anderen um die Frage, wie die CDU mit
Blick auf die schlechten Wahlergebnisse der letzten Zeit wieder ihr
volles Potenzial ausschöpfen kann", sagte er der "Bild"-Zeitung
(Freitag).
Merz war vor einem Jahr Kramp-Karrenbauer bei der Wahl zur Vorsitzenden knapp unterlegen und wird als ihr Konkurrent bei der
Kanzlerkandidatur gehandelt – auch angesichts anhaltend schwacher
Umfragewerte der Partei und ihrer Vorsitzenden sowie guter
persönlicher Umfragewerte von Merz.
Worüber Merz am Ende auf dem Parteitag reden will, ist bisher noch unklar. In den Funke-Zeitungen warb der Wirtschaftspolitiker jedoch vor kurzem noch dafür, die Parteibasis an der Entscheidung über die K-Frage zu beteiligen. Nach den Erfahrungen des letzten Jahres halte er dies für "gut und richtig", sagte er.
Neben der Frage, wen die Union zum nächsten Kanzlerkandidaten kürt, könnte auch der erst kürzlich erzielte Kompromiss bei der Grundrente ein Thema auf dem Parteitag werden – deren Finanzierung sei "völlig offen", befand Merz in seinem Interview. Denn: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will zur Bezahlung der Grundrente eine Finanztransaktionssteuer heranziehen, die es so noch gar nicht gibt.
Kommt es also zum Showdown zwischen Merz und AKK?
Abwarten. Merz ließ die Funke-Mediengruppe wissen, die Partei habe "auf diesem Parteitag keine Personalentscheidungen, und wir werden auch keine Personaldiskussionen führen". Er wolle nur "einige wenige Anmerkungen" zu grundsätzlichen Fragen machen.
Das klingt eher so, als ob er Revier markieren will und seinen zahlreichen Unterstützern in der Partei zeigen möchte, dass er seine Ambitionen auf höhere Weihen noch nicht aufgegeben hat.
Was AKK jetzt liefern muss
Vor der Aussprache wird Kramp-Karrenbauer ihre mit Spannung erwartete
Rede halten. Die Partei erwarte "von ihrer Vorsitzenden, dass sie
konkrete Vorschläge macht, wohin wir wollen, wie das gehen soll, wie
unsere Politik aussehen soll – das wird meine Aufgabe morgen in
meiner Rede sein, aber auch in der gesamten Anlage des Parteitages",
so Kramp-Karrenbauer in der ARD.
Außerdem geplant ist die Wahl einer Vizevorsitzenden in der Nachfolge
von Ursula von der Leyen, die als EU-Kommissionspräsidentin nach
Brüssel wechselt. Bisher einzige Kandidatin ist die niedersächsische
Bundestagsabgeordnete Silvia Breher. Als Personalie unter
Kramp-Karrenbauers Ägide wird auch ihr Abstimmungsergebnis mit
Spannung erwartet.
Kommt es zum offenen Streit?
Ferner diskutieren die rund 1000 Delegierten in
drei Foren über die Themen Digitalisierung, Demokratie und
Innovation.
Bei mehreren konfliktträchtigen Anträgen wie dem möglichen Einsatz
des chinesischen Telekom-Ausrüsters Huawei bei Ausbau des schnellen
5G-Netzes sowie bei der Frauenquote hatte sich die Parteispitze am
Donnerstag bemüht, einen offenen Streit auf dem Parteitag zu
verhindern.
Ob dies auch bei dem von den Spitzen der Jungen Union und
der Mittelstandsvereinigung (MIT) der Partei abgelehnten
Koalitionskompromiss zur Grundrente gelingt, wird sich erst an diesem
Freitag zeigen: Dann will sich die Antragskommission erneut mit einem
entsprechenden Antrag von JU und MIT befassen.
Zudem werden auf dem Parteitag Auseinandersetzungen um Anträge
erwartet, die Riester-Rente zu einer staatlichen Pflichtvorsorge
umzubauen, um drohender Altersarmut stärker entgegenzuwirken. Vor
allem der Wirtschaftsflügel macht dagegen mobil. Aber auch die
Versicherungswirtschaft kritisiert die Idee.
(pcl, mit dpa)
Triggerwarnung: Im folgenden Text werden Gewalthandlungen geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.