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Keine Aussagepflicht für V-Mannführer in Amri-Untersuchungsausschuss

Bundesverfassungsgericht Karlsruhe Richterbank im gro
Am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, einen Zeugen nicht vorzuladen, um dessen Identität zu schützen.Bild: IMAGO / Carmele/tmc-fotografie.de
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Keine Aussagepflicht für V-Mannführer in Amri-Untersuchungsausschuss

03.02.2021, 16:3903.02.2021, 16:38
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Das Bundesinnenministerium darf sich weigern, einen V-Mannführer des Verfassungsschutzes als Zeugen im sogenannten Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags zu benennen. Das parlamentarische Aufklärungsinteresse müsse hier ausnahmsweise hinter dem Staatswohl zurückstehen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss, mit dem es eine Klage von FDP, Linkspartei und Grünen zurückwies. Der Untersuchungsausschuss soll das Vorgehen der Behörden rund um den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 beleuchten.

V-Mannführer wird von Bundesministerium geschützt

Der Islamist Anis Amri fuhr am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen. Später wurde bekannt, dass die Sicherheitsbehörden Amri bereits länger beobachtet hatten. Der Bundestag setzte einen Untersuchungsausschuss ein, um mögliche Fehler aufzuklären.

Der Ausschuss wollte auch den Mitarbeiter hören, der V-Leute im Umfeld einer von Amri besuchten Moschee führte. Das Bundesinnenministerium weigerte sich jedoch, diesen zu benennen: Bei einer Enttarnung bestehe Lebensgefahr für ihn und die V-Person, hieß es. Daraufhin zogen die Fraktionen von FDP, Linkspartei und Grünen vor das Bundesverfassungsgericht. 

Der Zweite Senat des Gerichts entschied nun mehrheitlich, die Klage abzuweisen. Er begründete seine Entscheidung mit der inneren Sicherheit: Zwar bestehe ein "gewichtiges Interesse" an der Vernehmung des V-Mannführers. Allerdings gebe es Grund zur ernsthaften Besorgnis, dass der Betroffene und andere Quellen bei einer Zeugenbefragung das Vertrauen in die Geheimhaltung ihrer Identität verlieren und die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz beenden könnten.

Hohes Gewaltpotential gegen V-Leute der Geheimdienste

Im islamistisch-terroristischen Milieu bestehe eine hohe Gewaltbereitschaft, "die insbesondere gegen jene gerichtet ist, die mit dem zu beseitigenden freiheitlichen Staat kooperieren." V-Leute der Geheimdienste nähmen ein beträchtliches Risiko auf sich. Neue Quellen ließen sich in dem Milieu nur schwer gewinnen, führte das Gericht aus. Würden also V-Leute abspringen, könne das den Zugang zu Informationen, die für die "Wahrung der inneren Sicherheit" Deutschlands von großer Bedeutung seien, nachhaltig erschweren oder sogar zeitweise ganz verschließen.

Einer der Richter, Peter Müller, gab ein abweichendes Votum ab. Seiner Meinung nach hätte die Abwägung der unterschiedlichen Interessen zugunsten einer Vernehmung des V-Mannführers ausgehen müssen, teilte das Gericht mit.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte zum Senatsbeschluss, die Bundesregierung sehe sich in ihrer Auffassung bestätigt und sei zuversichtlich, dass auf dieser Basis auch in Zukunft die erforderliche Sicherheit beim Einsatz von Vertrauensleuten gewährleistet werden könne.

Der Obmann von CDU und CSU im Untersuchungsausschuss, Volker Ullrich (CSU), teilte mit: "FDP, Linke und Grüne hätten dieses Verfahren besser nicht geführt und stattdessen, wie von uns empfohlen, auf einen konstruktiven Dialog mit der Bundesregierung gesetzt."

Opposition enttäuscht über Entscheidung

Obleute der klagenden Oppositionsfraktionen äußerten sich enttäuscht. Die Linken-Abgeordnete Martina Renner erklärte, die Bundesregierung wäre dem Parlament, der Öffentlichkeit und vor allem den Opfern Antworten schuldig gewesen: "Wie nah war eine Vertrauensperson des Bundesamts für Verfassungsschutz tatsächlich am späteren Attentäter dran, welche Informationen hat die Behörde auf diesem Weg über ihn sammeln können oder es unterlassen?"

Der FDP-Politiker Benjamin Strasser teilte mit, die Rolle des Verfassungsschutzes im Fall Amri könne so nicht vollständig aufgearbeitet werden. "Wir müssen als Bundestag die Möglichkeit erhalten, dem Verfassungsschutz bei der Führung von Vertrauenspersonen besser auf die Finger schauen zu können."

Die Grünen-Parlamentarierin Irene Mihalic forderte eine genaue Analyse zu der Frage, was gegen die Befragung von V-Mannführern spreche. "Gegebenenfalls müssen wir politisch darauf hinwirken, dass die Kontrollrechte des Parlaments gesetzlich gestärkt" oder präzisiert würden.

Der Amri-Untersuchungsausschuss hatte zuletzt seine Beweisaufnahme vorläufig abgeschlossen. Nun soll ein Abschlussbericht für den Bundestag erstellt werden.

(vdv/afp)

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