Der große Auftritt in Alaska brachte keine Lösung: Drei Stunden lang verhandelten US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin in Anchorage, ohne greifbares Ergebnis für den Ukraine-Krieg. Stattdessen dominierte die Symbolik: Putin nutzte die Bühne, Trump sprach von einem "konstruktiven" Gespräch.
Kiew hofft jetzt auf ein für Montag angekündigtes Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Trump in Washington.
Während die Diplomatie stockt, setzt Kiew auf seine eigene Strategie bei seinen Drohnenangriffen auf russischem Territorium. Schon seit Monaten richtet sich der Fokus auf Russlands Versorgungsinfrastruktur. Doch in den vergangenen Wochen kam eine neue Zielkategorie hinzu, mit möglicherweise gravierenden Folgen für Moskau.
Bisher zielte die Ukraine vor allem auf Objekte, die für die Logistik der russischen Armee unentbehrlich sind. General a.D. Erhard Bühler, früher Nato-Kommandeur und bis 2020 Leiter des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, erklärte im MDR-Podcast "Was tun, Herr General?":
Solche Angriffe haben einen doppelten Effekt: Einerseits schwächen sie Russlands Fähigkeit, Nachschub an die Front zu bringen. Andererseits demonstrieren sie, dass die Ukraine auch weit entfernt von der Frontlinie operieren kann.
Nun aber greift Kiew eine ganz andere Ebene an. "Eine neue Kategorie von Zielen wurde eingeführt", sagte Bühler. Gemeint sind russische Kasernen, aus denen Truppenteile in die Ukraine entsandt werden.
Diese Einrichtungen seien zentral für Nachschub und Ausbildung. "Es ist ja nicht so, dass die russischen Truppenteile komplett in die Ukraine gehen", erklärte Bühler. Teile blieben zurück, bildeten neue Soldaten aus und versorgten die Front mit Ersatzkräften. Genau diese Strukturen sind ihm zufolge in den vergangenen zwei Wochen gezielt ins Visier genommen worden.
Nach Bühlers Angaben handelt es sich nicht um einzelne Treffer. "Es ist nicht nur ein Fall", es seien bereits mindestens sechs Kasernen angegriffen worden, sagte er. Damit richtet sich der ukrainische Fokus erstmals direkt gegen die militärische Grundlage, mit der Russland seine Kampfkraft an der Front aufrechterhält.
Bühler nennt im Podcast zwar keine konkreten Ortsangaben zu den Kasernen; aus seiner Beschreibung lässt sich jedoch schlussfolgern, dass diese Ziele auf russischem Staatsgebiet liegen.
Bühler schränkte allerdings zugleich ein, dass der unmittelbare militärische Effekt dieser Drohnenangriffe nicht einfach zu messen sei. Zwar ließen sich auf Bildern zerstörte Kasernen und Brände erkennen, doch ob sich daraus kurzfristig eine spürbare Schwächung der russischen Truppen ableiten lasse, bleibe offen. Entscheidend sei die Signalwirkung: Mit Attacken auf Ausbildungseinrichtungen und Truppenbasen rücke Kiew ein bislang unangetastetes Element der Kriegsmaschinerie ins Zentrum.
Damit handelt es sich um eine qualitative Verschiebung in der ukrainischen Strategie: von "Materialdepots" wie Treibstoff- oder Munitionslagern, vermehrt hin zu den "Menschendepots" der russischen Armee.
Die Idee dahinter: Wenn Ausbildungseinrichtungen zerstört oder unbrauchbar werden, stockt der Nachschub an trainierten Soldaten. Für Russland bedeutet das ein potenzielles weiteres Loch in der Versorgungskette.
Für die diplomatischen Gesprächsrunden, die Trump nun mit Selenskyj in Washington plant, ist das ein wichtiges Signal: Die Ukraine verlässt sich nicht einzig auf internationale Konferenzen und seine Verbündeten. Stattdessen setzt sie parallel weiter auf eigene Schlagkraft, diesmal an einem besonders sensiblen Punkt der russischen Armee.