Geschlechtseinträge können künftig einfacher geändert werden: Grundlage dafür ist das neue Selbstbestimmungsgesetz, das der Bundesrat am Freitag abschließend billigte. Es ersetzt das umstrittene Transsexuellengesetz, das in Teilen vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden war.
Künftig können volljährige transsexuelle, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt die gewünschten Änderungen beim Geschlechtsantrag erreichen.
Bei Kindern unter 14 Jahren sollen die Eltern die nötige Erklärung beim Standesamt einreichen können. Jugendliche ab 14 Jahren können dies selbst tun, allerdings nur mit Einverständnis der Eltern. In beiden Fällen ist aber eine Erklärung über eine vorherige Beratung notwendig.
Eine Begrenzung, wie oft der Geschlechtseintrag geändert werden kann, gibt es nicht. Allerdings soll es eine Sperrfrist von einem Jahr geben – erst danach ist eine erneute Änderung möglich. Für das Inkrafttreten der Änderung des Geschlechtseintrags gilt eine Drei-Monats-Frist.
Das bisherige Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980 hatte vorgesehen, dass Betroffene für eine Änderung des Geschlechts- oder Vornamenseintrags zwei psychologische Gutachten einreichen müssen. Am Ende entschied dann das zuständige Amtsgericht.
Teile der Vorschriften wurden aber inzwischen vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Von Betroffenen wurden die bisherigen Regelungen vielfach als erniedrigend und diskriminierend empfunden.
"Heute ist ein großer Tag für unsere freiheitliche Gesellschaft", erklärte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) zu der Bundesratsentscheidung. Sie freue sich "über dieses wichtige Signal am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie". Mehr als 40 Jahre lang seien Betroffene durch das Transsexuellengesetz diskriminiert worden.
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz sei endlich Schluss damit, betonte Paus. "Nach Jahrzehnten der Diskussion wird die geschlechtliche Selbstbestimmung endlich so geregelt, wie es einem freiheitlichen Rechtsstaat gebührt, dessen Kern die Würde des Menschen bildet."
Durch das neue Gesetz werde "viel Leidensdruck von den Betroffenen genommen", erklärte der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders. Notwendig sei aber zudem ein ausdrückliches Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im Grundgesetz.
Positiv zu der Neuregelung äußerte sich auch der Sozialverband Diakonie: "Nach über 40 Jahren wird das sogenannte Transsexuellengesetz abgeschafft und durch ein menschenrechtsbasiertes Gesetz ersetzt, das Selbstbestimmung und Gleichwertigkeit in den Mittelpunkt stellt", erklärte Diakonie-Vorständin Maria Loheide.
Deutliche Kritik an der Neuregelung kam aus der CDU/CSU. "Das Selbstbestimmungsgesetz krankt an allen Ecken und Enden und es ist ein echtes Sicherheitsrisiko", erklärte Unions-Fraktionsvize Andrea Lindholz.
Straftäter oder Gefährder könnten dann beispielsweise in polizeilichen Datenbanken womöglich nicht mehr zugeordnet werden, ebenso im Ausländerzentralregister. "Die 'Ampel' setzt mit dem Selbstbestimmungsgesetz ein ideologisches Projekt zugunsten Einzelner auf dem Rücken Aller durch", kritisierte Lindholz.
Der Bundesrat beschloss angesichts solcher Bedenken eine begleitende Entschließung. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, "inwieweit ein bundeseinheitliches, datenschutzkonformes und diskriminierungsfreies Datenmanagement gewährleistet werden kann, das sowohl den Interessen der Sicherheitsbehörden an der Identifikation einer Person als auch dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz vor Diskriminierung gerecht wird".
(Mit Material von afp)