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Deutschland
Damit hat wohl niemand wirklich gerechnet: Nachdem am Dienstag zunächst Jens Spahn (CDU) als potentieller Nachfolger Ursula von der Leyens für das Amt des Verteidigungsministers galt, wird es nun Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).
Ursprünglich hatte AKK nicht vor, sich Merkels Kabinett anschließen zu wollen, wie sie noch kürzlich betonte. In der CDU gebe es viel Arbeit, so die Parteichefin. Und so attraktiv ein Kabinettsposten auch auf den ersten Blick scheint: Ein Sprung auf dem Karrierebrett ist das Amt des Verteidigungsministers nicht gerade. Das haben in den letzten Jahren schon Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Thomas de Maizière (CDU) bewiesen. Einzig von der Leyen hat es als frisch ernannte EU-Kommissionspräsidentin in ein höchstes Amt geschafft.
Welche Herausforderungen warten auf AKK in ihrem neuen Posten? Und was steckt hinter diesem Schritt? Ein Überblick.
Das Verteidigungsministerium als Minenfeld: Skandale vorprogrammiert?
Das Verteidigungsministerium kann sich zu einem Minenfeld entwickeln
und ist schnell für einen Skandal gut. Das bringt die enorme Zahl von
250.000 Soldaten und Zivilbeschäftigten mit sich, dazu gefährliche
Auslandseinsätze und eine von Lobbyisten flankierte
Rüstungsindustrie. Und dass die Truppe es nicht schätzen wird, sollte
sie nach Skandalen und Skandälchen der vergangenen Monate als Bühne
für politische Ambitionen antreten müssen, scheint absehbar. Aus der
FDP kam schon die Warnung, die "gebeutelte Bundeswehr nicht für
Personalspielchen" zu benutzen.
Aber: Für Kramp-Karrenbauer ist das Amt eine Chance, sicherheits- und außenpolitisch
Profil zu gewinnen. Sie geht allerdings auch ein hohes Risiko ein.
Wie steht es eigentlich um das Verteidigungsressort?
Mit der
Kostenexplosion der "Gorch Fock" und der "Berateraffäre" hat das
Ministerium zuletzt Schlagzeilen gemacht. Die Herausforderungen für den
neuen Minister sind nach Einschätzung von Militärexperten drei
Punkte:
- Die Modernisierung und Instandhaltung von Waffensystemen und Material mit der Neuordnung des lähmenden Beschaffungswesens.
- Die Personalgewinnung angesichts zunehmender Konkurrenz um Fachkräfte.
- Zudem die Digitalisierung der Armee. Dazu gehören die Vernetzung von Waffensystemen, die Cyberarmee sowie der technisch und moralisch herausfordernde Einsatz von Systemen Künstlicher Intelligenz.
Und natürlich das leidige Thema Geld. Deutschland hat sich wie die
anderen Nato-Verbündeten verpflichtet, dass die Verteidigungsausgaben
sich bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bewegen
sollen. Für 2020 sind nun allerdings nur 1.37 Prozent der
Wirtschaftsleistung anvisiert, laut Finanzplan soll die Quote bis
2023 sogar auf 1,25 Prozent sinken. Die Spreizung birgt Konfliktstoff
insbesondere im Verhältnis zu den USA. Eigentlich hatte die
Bundesregierung für 2024 ein Ziel von 1,5 Prozent für Verteidigung
ausgegeben.
Wie war zuletzt das Verhältnis zwischen Merkel und AKK?
Die
Saarländerin war die Wunschnachfolgerin Merkels im Amt der
CDU-Vorsitzenden. Mit dem wenn auch knappen Sieg Kramp-Karrenbauers
gegen ihren wichtigsten Herausforderer Friedrich Merz auf dem
CDU-Parteitag in Hamburg Ende vergangenen Jahres hat Merkel es schon
geschafft, einen Teil ihres Erbes an ihre Wunschkandidatin
weiterzugeben. Das ist bislang so noch keinem CDU-Vorsitzenden
gelungen.
Doch einige Patzer von AKK in ihrem neuen Amt dürften Merkel nicht unbedingt gefallen haben: Dazu zählt auch der intern heftig kritisierte Umgang mit dem CDU-kritischen Video
des Youtubers Rezo oder die starke Absetzbewegung AKKs von der
Migrationspolitik der Kanzlerin. Gut möglich, dass Kramp-Karrenbauer zunächst auch
unterschätzt hatte, welche Unterschiede es zwischen der erfolgreichen
Arbeit als Ministerpräsidentin im Saarland und dem Haifischbecken der
Berliner Bundespolitik gibt. Doch AKK, so heißt es in der engsten
CDU-Spitze, gilt als durchaus selbstkritisch und bereit, aus
Fehlern zu lernen.
Trotz des Stirnrunzelns, dass es in den vergangenen Monaten wohl auch
bei Merkel über das Agieren von AKK gegeben hat: In der CDU heißt es,
Kramp-Karrenbauer sei weiterhin auch die Wunschnachfolgerin Merkels
im Kanzleramt. Das gilt wohl auch angesichts der Alternativen: Von
Merz ist bekannt, dass er sich gut vorstellen könnte, bei der
nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidat anzutreten, falls AKK bis
dahin auch intern weiter an Ansehen verliert.
Was steckt nun also hinter AKKs Wandel?
Was steckt hinter dem Schachzug? Genau weiß das niemand – und es
dürfte wohl auch das Geheimnis der beiden starken Frauen der CDU
bleiben. Zwar dürfte Merkel CDU-intern schon seit längerem klar
gemacht haben, dass Kramp-Karrenbauer an den Kabinettstisch wechseln
könne, wenn sie dies wolle und sich eine Gelegenheit böte.
Doch auf
der anderen Seite: Der Kanzlerin und gerade auch AKK wird klar sein,
wie viel Kraft es noch brauchen wird, um die CDU beispielsweise beim
Klimathema inhaltlich und personell wirklich konkurrenzfähig
aufzustellen. Da hätte AKK eigentlich genug zu tun gehabt. Und jetzt
auch noch das Verteidigungsministerium, das grundsätzlich für jeden
Amtsinhaber als Schleudersitz gilt. Dafür dürfte Kramp-Karrenbauer
nun wesentlich weniger Zeit haben, als ursprünglich geplant.
Von erfahrenen CDU-Leuten war am Abend deswegen nicht nur
Begeisterung über den Schritt der Vorsitzenden zu hören. Es bleibe
abzuwarten, ob sich Kramp-Karrenbauer mit dem Wechsel tatsächlich
einen Gefallen getan habe. Denn immerhin unterwerfe sie sich so der
Kabinettsdisziplin der Kanzlerin. Und wer weiß, ob manche Affäre der
Bundeswehr, die AKK nun bewältigen muss, nicht auch ihr Ansehen als
Parteivorsitzende beschädigt.
(ak/dpa)
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