Außenminister Maas will deutsche Waffenexporte in die Türkei stoppen.Bild: Thomas Koehler/photothek/imago
Deutschland
12.10.2019, 18:0411.04.2024, 12:05
Kein Land kauft so viele deutsche Waffen wie die Türkei. Seit der Intervention in Nordsyrien ist die Kritik an diesen Rüstungsexporten wieder laut geworden. Nun hat Außenminister Heiko Mass verkündet, dass es für Waffen, die bei der Offensive eingesetzt werden könnten, keine Genehmigungen mehr geben soll.
- "Vor dem Hintergrund der türkischen Militäroffensive in Nordost-Syrien wird die Bundesregierung keine neuen Genehmigungen für alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag".
- Laut Maas habe die Bundesregierung bereits seit 2016 eine sehr restriktive Linie für Rüstungsexporte nach Ankara umgesetzt, so die Zeitung.
Am Samstag gingen in deutschen Städten Tausende Kurden aus Protest
gegen die türkische Offensive auf die Straße. Die Türkei hatte am
Mittwoch eine lang geplante Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz
begonnen, die auf syrischer Seite der Grenze ein großes Gebiet
kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen
kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation. Die
Offensive stößt international auf scharfe Kritik.
Allein in Köln schlossen sich Schätzungen zufolge mehr als 10.000
Menschen einem Protestmarsch an. Dabei forderten die überwiegend
kurdischen Demonstranten ein Ende der türkischen Offensive in
Nordsyrien und verurteilten das Vorgehen von Präsident Recep Tayyip
Erdogan. Aus der Menge wurde immer wieder skandiert, Erdogan sei ein
"Terrorist". "Keine deutschen Waffen für Erdogans Machenschaften",
hieß es auf Transparenten. Die Demonstration verlaufe bislang
weitestgehend störungsfrei und friedlich, sagte ein Polizeisprecher.
Die Polizei war mit mehreren Hundertschaften vor Ort, um mögliche
Auseinandersetzungen mit Erdogan-Anhängern zu unterbinden.
Auch in anderen deutschen Städten gab es Proteste. In Frankfurt am
Main zählten die Polizei fast 4000 Teilnehmer. "Schluss mit dem
Massaker in Rojava" und "Hände weg von Rojava", skandierte die
aufgebrachte Menge. Sie forderte politischen Druck Deutschlands
auf Erdogan. "Ab heute wird es keine ruhige Minute mehr für diese
Bundesregierung geben", sagte ein Redner. Die Polizei warnte die
Teilnehmer davor, Symbole der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei
PKK oder Bilder des Anführers Abdullah Öcalan zu zeigen.
Führende Politiker von Grünen und Linken hatten am Donnerstag einen
Stopp aller Rüstungsexporte in die Türkei gefordert. Nach der
Ankündigung von Maas erklärte Grünen-Fraktionschefin Katrin
Göring-Eckardt am Samstag: "Der Rüstungsexportstopp der
Bundesregierung ist dabei ein lange überfälliger erster Schritt. Er
sollte allerdings nicht nur für
zukünftige Exporte sondern auch schon genehmigte gelten."
Die Rüstungsexporte in die Türkei sind nach früheren türkischen
Offensiven in Syrien nicht ganz eingestellt worden. Bei den
Exportgenehmigungen der Bundesregierung hat sich im ersten Halbjahr
nach zwei Jahren Rückgang sogar wieder eine Trendwende abgezeichnet.
Bis zum 5. Juni gab die Bundesregierung grünes Licht für
Rüstungslieferungen im Wert von 23,3 Millionen Euro. Das ist bereits
fast doppelt so viel wie im ganzen Jahr 2018 mit 12,9 Millionen Euro.
Bereits genehmigte Rüstungsexporte an den Nato-Partner gingen bisher
ohnehin normal über die Bühne. Die Lieferungen an die Türkei machten
im vergangenen Jahr mit 242,8 Millionen Euro fast ein Drittel aller
deutschen Kriegswaffenexporte (770,8 Millionen Euro) aus. In den
ersten vier Monaten diese Jahres hat die Türkei Kriegswaffen für
184,1 Millionen Euro aus Deutschland erhalten. Dabei handelte es sich
nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums vom Sommer
ausschließlich um "Ware für den maritimen Bereich". In der Rangliste
der wichtigsten Empfängerländer steht der Nato-Partner damit wie
schon im Vorjahr mit großem Abstand an erster Stelle.
Am vierten Tag ihrer Militäroffensive in Nordsyrien verkündete die
Türkei am Samstag die Einnahme der strategisch wichtige Grenzstadt
Ras al-Ain ein. Menschenrechtsaktivisten bestätigten lediglich die
Ankunft der Truppen in Ras al-Ain und bestritten dabei, dass diese
die Stadt eingenommen hätten. Ras al-Ain liegt entlang einer
wichtigen Versorgungsroute zwischen den Städten Tall Abjad im Westen
und Kamischli im Osten. Die Kontrolle über beide Orte haben die
Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die von Kurdenmilizen
angeführt werden.
(hd/dpa)
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