Ein Kaffeebecher sorgt unter deutschen Patrioten gerade für mächtig Aufregung. Lilly Blaudszun, die stellvertretende Landesvorsitzende der Jusos Mecklenburg-Vorpommern, hatte am 1. Februar ein Bild eines schwarzen Pappbechers auf Twitter gepostet. Darauf steht in weißen Lettern:
Das darunter stehende Logo weißt den Becher als Produkt der Jusos Hannover aus.
Soweit, so Wortspiel.
Blaudszun reagierte mit dem Bild des Kaffeebechers auf einen Artikel des SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs in der Parteizeitung "Vorwärts" vom 31. Januar. Darin wirbt der Vorsitzende des sogenannten Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, ein Verein zum Schutz der Demokratie vor radikalen Kräften, für einen aufgeklärten Patriotismus.
Kahrs, der dem konservativen Parteiflügel "Seeheimer Kreis" angehört, vertritt die Meinung, ein positives Nationalbewusstsein sei Grundlage für eine stabile Gesellschaft. Die Juso-Landesvorsitzende Blaudszun sieht das ganz offensichtlich etwas anders.
Über den Kahr'schen Patriotismus schrieb Blaudszun watson auf Nachfrage: "Dieses 'Wir'-Gefühl schafft willkürliche Gruppenzugehörigkeit, es manifestiert ein Bild der 'Anderen' und vor allem impliziert es ein nicht zu unterschätzendes Gefühl der Höherwertigkeit der eigenen Gruppe."
Damit werde die Gleichwertigkeit aller Menschen bestritten, was wiederum zur Diskrimnierung von Minderheiten führe. "Das fängt mit rassistischen Witzchen im Alltag an und endet mit Gewalttaten, die ich zutiefst ablehne", so Blaudszun.
Jetzt könnte man die Sache als parteiinternen Zwist abtun, als Debatte über Positionen, als Austausch von Meinungen. Schließlich gehört es bei den Jusos, wie bei allen Parteijugendorganisationen, zum guten Ton, die Positionen der "Großen" öffentlich scharf zu kritisieren.
Die ehemalige Juso-Vorsitzende Andrea Nahles legte sich gerne mit den Parteichefs an. So musste sich etwa der damalige SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder im Jahr 1998 von ihr anhören, die "Abrissbirne sozialdemokratischer Programmatik" zu sein.
Aktuell macht Juso-Chef Kevin Kühnert den Genossen Druck, etwa, als er sich mit seiner #NoGroKo-Kampagne im vergangenen Jahr gegen eine erneute Regierungsbeteiligung der Partei einsetzte. Respektable 33 Prozent der SPD-Mitglieder, die im März 2018 über einen Eintritt der Partei in eine große Koalition abgestimmt hatten, stellten sich hinter Kühnerts Kampagne.
Tatsächlich verfallen deutsche Patrioten über den Kaffeebecher gerade in Schnappatmung. Welt-Kolumnist Don Alphonso, der eigentlich Rainer Meyer heißt, verwurstete Blaudszuns Becher-Tweet in eine Generalabrechnung mit Millenial-Generation und SPD-Jugend.
Wer verstehen wolle, warum die SPD als Arbeiterpartei nicht mehr ernst genommen werde, fände bei den Jusos Hannover die Antwort: "Sie lehnen Nation und die daraus entstehende Gesellschaft ab, sie wollen Umverteilung zugunsten der Genderideologie, und sie hängen Karl Marx nach, während sie aus Ausbeutungsprozessen in früheren Kolonien stammenden Kaffee aus umweltschädlichen Plastikbechern nuckeln, die eine dumme Parole tragen."
Schriebs und twitterte seinen Artikel gleich dreimal, mit bisher über 300 Retweets. So dramatisch findet Meyer den Becher, dass er glatt vom "Zivilsationsbruch" spricht – eine Vokabel, die Historiker normalerweise in Verbindung mit dem Holocaust gebrauchen.
In der Kommentarspalte unter dem Artikel schäumten dann auch brav die Vaterlandsliebenden. Damit ihr es nicht selbst lesen müsst, gibt es hier die Zusammenfassung: Die Mehrheit der "Junge Freiheit"-Leser mag den Becher und die Jusos nicht.
(pcl)