Seit Dienstag ist es offiziell: Friedrich Merz ist der Kanzlerkandidat der Union. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dass er zugunsten von Merz auf eine Kandidatur verzichten werde: "Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht's. Ich bin damit fein und unterstütze es ausdrücklich."
Mit Blick auf die Bundestagswahl in einem Jahr schreibt der "Spiegel", dass Merz jetzt viel Zeit habe, in seine Rolle zu finden, und dies "auch bitter nötig hat". Linken-Chefin Janine Wissler sagte deutlich in der "Rheinischen Post": "Kaum jemand in der CDU verkörpert so sehr den Typus des Rückwärtsgewandten wie Merz."
In diesem Sinne haben wir ein Best-of … naja, ein Worst-of unseres potenziellen neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz mit einigen seiner schönsten Aussagen und Taten zusammengestellt. Kurz zur Erinnerung: Von 2009 bis 2018 war Merz nicht als Politiker aktiv, seit 2022 ist er CDU-Chef.
Ja, richtig gehört. Am Donnerstag, dem 15. Mai 1997, beschloss der Bonner Bundestag nach fast 30 Jahren, die Vergewaltigung in der Ehe strafbar zu machen. Für diese Reform stimmten 471 Abgeordnete, 138 waren dagegen und 35 enthielten sich. Die Abstimmung erfolgte namentlich. Somit ist bekannt, dass unter anderem Friedrich Merz der Meinung war, Vergewaltigung in der Ehe solle nicht als Straftat gelten. Das Argument, der Staat solle sich aus dem intimen Bereich der Ehe raushalten, wurde bereits seit Jahrzehnten vertreten.
Merz löste massive Empörung aus, als er vorschlug, Renten voll zu besteuern. Die Begründung: Dies entspreche dem "Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit". Doch damit nicht genug. Zuvor hatte er bereits die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre vorgeschlagen. Das bezeichnete der damalige CSU-Generalsekretär Thomas Goppel als "verfrühten Aprilscherz", wie unter anderem "Welt" berichtete.
Auch in Sachen Homophobie hat sich Friedrich Merz geoutet – und dürfte sich dabei auch noch tolerant gefühlt haben. Damals machte Klaus Wowereit als erster deutscher Spitzenpolitiker (SPD) seine Homosexualität bekannt, mit den Worten: "Ich bin schwul – und das ist auch gut so!" Friedrich Merz hat auf das Coming-out auf Nachfrage nach dessen Homosexualität gesagt:
2020 distanzierte er sich in einem Interview mit "Focus online" von dieser Aussage. Er würde diesen "Witz" so jetzt nicht mehr machen.
Im Jahr 2004 brachte Merz mit seinem Vorschlag zur Abschaffung des Kündigungsschutzes Teile seiner eigenen Partei gegen sich auf. "In der Schweiz gibt es gar keinen Kündigungsschutz – und Vollbeschäftigung", verteidigte er damals das arbeitsmarktpolitische Konzept der Partei.
Der Plan sah vor, dass Arbeitnehmer:innen, die bei ihrer Einstellung älter als 53 Jahre sind, keinen Kündigungsschutz mehr erhalten. "Wenn wir damit beweisen, dass weniger Schutz zu mehr Beschäftigung führt, können wir eines Tages komplett auf den besonderen Kündigungsschutz verzichten", erläuterte Merz.
Dass Friedrich Merz Mehrfachverdiener ist, war schon 2006 bekannt. Wie viel er außerhalb seines Amtes verdiente, wollte er auf keinen Fall preisgeben. Für den Schutz seines Einkommensgeheimnisses kämpfte er: Zusammen mit acht Kollegen klagte Friedrich Merz vor dem Verfassungsgericht gegen ein Gesetz, das mehr Transparenz bei den Einkünften der Abgeordneten forderte. Ohne Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht wies die Anträge zurück.
Plötzlich war der Begriff wenige Monate nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine in aller Munde: "Sozialtourismus". Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte ihn im Zusammenhang mit Flüchtlingen aus der Ukraine verwendet:
Merz sagte damals: "Da haben wir ein Problem, das wird größer." Es gab große Empörung: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Äußerung als "schäbig", während Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann Merz vorwarf, sich mit rechtspopulistischen Methoden profilieren zu wollen. Merz entschuldigte sich später für seine Wortwahl, hielt jedoch an seiner Einschätzung fest, dass es wachsende Probleme mit einer steigenden Zahl an Flüchtenden und Asylbewerber:innen, auch aus der Ukraine, gebe.
Russische Medien griffen das Thema auf und verbreiten Merz' Vorwürfe und seine Entschuldigung: "In Deutschland empört man sich über die ukrainischen Flüchtlinge", berichtet etwa die staatliche Nachrichtenagentur RIA.
Eine weitere Aussage von Merz schlug hohe Wellen: Lehrerpersonen haben laut Merz häufig Probleme, von ihren Schüler:innen akzeptiert zu werden – oft handele es sich dabei Kinder mit Migrationshintergrund. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in der Silvesternacht äußerte sich Merz in der Sendung Markus Lanz, wie unter anderem der "Tagesspiegel" berichtete:
Die Wissenschaft ist sich einig. Die Realität hält den Menschen weltweit mit extremen Wetterphänomenen und Naturkatastrophen die fortschreitende Klimakrise vor Augen. Doch Friedrich Merz sieht den Klimaschutz in Politik als überbewertet an. Das Argument, die Zeit laufe ab, in der Maßnahmen noch ausreichend Erfolg haben könnten, teile er ausdrücklich nicht. Er sagte der "Zeit":
Natürlich nehme er das Thema Klimaschutz trotzdem sehr ernst: "Wenn wir in den nächsten 10 Jahren die Weichen richtig stellen, sind wir auf einem guten Weg." Das ist eine Aussage gegen den wissenschaftlichen Konsens.
Wie Friedrich Merz dem Thema Migration gegenübersteht, hat er schon des Öfteren deutlich gemacht. Neue Sphären erreichte er mit einer Aussage, die faktisch nicht stimmt und in Sachen Populismus kaum zu übertreffen ist. Er sagte im September 2023 im Talk des Fernsehsenders "Welt":
Wirklich wahr ist: Geduldete erhalten in den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts nur eine reduzierte medizinische Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sie erhalten solche Termine ohne Erlaubnis der Behörde also nur in Notfällen.