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"Markus Lanz": Sigmar Gabriel empfiehlt Kevin Kühnert er solle erstmal Beruf lernen

Sigmar Gabriel bei "Markus Lanz".
Sigmar Gabriel bei "Markus Lanz".Bild: zdf screenshot
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Gabriel bei "Markus Lanz": Kühnert sollte erstmal einen Beruf lernen

04.03.2020, 15:57
dirk krampitz
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Es sind erschütternde Bilder von der EU-Außengrenze, die gerade den Rest Europas erreichen. Geflüchtete versuchen von der Türkei nach Griechenland zu gelangen, sie werden mit Gewalt von griechischen Polizisten und Soldaten daran gehindert. Und natürlich geht es auch bei Markus Lanz in seiner Sendung am Dienstagabend darum.

Der ZDF-Moderator hat den ehemaligen Außenminister Sigmar Gabriel eingeladen, den Migrationsforscher Gerald Knaus und die Journalistin Christiane Hoffmann.

Hoffmann findet: "Diese Bilder sehen so aus wie Krieg gegen Flüchtlinge." Sigmar Gabriel hat da eher die Ursachen im Blick: "Wir haben nichts erreicht in Syrien und wir haben keine Verständigung darüber, wie Europa mit den Flüchtlingen umgehen soll", gibt der ehemalige Außenminister zu. "Wir als Europäer sind die letzten Vegetarier in der Welt der Fleischfresser", sagt er im Hinblick auf den Willen und die Durchsetzungskraft Europas auf der internationalen Bühne.

"Spiegel"-Journalistin Hoffmann bei "Markus Lanz".
"Spiegel"-Journalistin Hoffmann bei "Markus Lanz". Bild: zdf screenshot

Migrationsforscher kritisiert bei "Lanz" die EU scharf

Auch Gerald Knaus, Politik- und Migrationsberater und der Architekt des EU-Türkei-Deals, sieht in Syrien und den Geflüchteten "ein Scheitern der europäischen Politik" – allerdings eines, das "vermeidbar" gewesen sei. Wenn die EU sich ihrer Verantwortung gestellt hätte: Dass die Türkei die Grenze geöffnet habe, liege allein an der EU. "Dass der türkische Präsident reagieren würde, wenn wir uns Monate lang raushalten, darf doch niemanden überraschen", erklärt Forscher Knaus. "Natürlich müssen wir mit der Türkei eine neue Vereinbarung treffen", findet auch Gabriel.

Die Türkei habe 3,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, die bleiben werden: "Eine ganze Generation von Syrern, die Türkisch lernen", fasst es Knaus bildlich zusammen. Zwar habe die Türkei damals sechs Milliarden Euro bekommen – "zweckgebunden und nicht einfach so", stellt er noch einmal klar. Und der Druck innerhalb der türkischen Bevölkerung nehme ständig zu angesichts der erheblichen Anzahl von Flüchtlingen.

Dass die EU sich einfach tot stellt in diesem Punkt, habe laut Knaus nun zu einem erschreckenden Ergebnis geführt: "Wir haben den Traum von Donald Trump an den Grenzen unserer EU verwirklicht. Ein Grundrecht ohne jede rechtliche Grundlage ausgesetzt", bilanziert Knaus angesichts der Griechen, die das Recht auf Asyl ausgesetzt haben. Warum Griechenland das mache? "Weil wir sie im Stich gelassen haben", so Knaus.

Gilt als Vordenker des EU-Türkei-Deals: Gerald Knaus.
Gilt als Vordenker des EU-Türkei-Deals: Gerald Knaus. Bild: zdf screenshot

Was es bräuchte, seien schnelle, von der EU finanzierte Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, Einigungen mit Herkunfts- und Transitländern. Knaus suggeriert, dass die Verantwortlichen darauf gehofft haben, schlechte Bedingungen in Auffanglagern würden Flüchtlinge abschrecken.

Knaus dazu:

"Es hat aber niemanden abgeschreckt, die Leute kommen trotzdem."

Und die Geflüchteten seien ja auch nicht das eigentliche Problem, glaubt Sigmar Gabriel. Die Menschen stehen für ihn eher als Platzhalter für viele Probleme. "Wir haben ja ein staatliches Handlungsproblem", gibt er zu. Das reiche von Clan-Kriminalität bis zur Feststellung, es gebe "überall kaputte Brücken", die der Steuern zahlende Bürger sehe und sich frage, warum sie denn nicht von seinen Abgaben repariert werden.

Ein demokratischer Staat müsse "durchsetzungsfähig und handlungsfähig" sein. "Aber bei vielen herrscht das Gefühl, dass er das nicht ist." Interessant wäre die Frage gewesen, warum er dem nicht in seiner aktiven Zeit entgegen gewirkt hat, oder ob ihm diese Erkenntnis erst danach kam. Aber darum geht es nicht.

Gabriel findet: Kühnert sollte erstmal arbeiten

Lanz will stattdessen von ihm wissen, ob er die SPD noch liebe. "Ich liebe meine Frau", sagt Gabriel und gibt gleich zu, dass er sich mit diesem Bonmot des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann vor der Antwort gerettet hat.

Nächster Versuch: Was er vom Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert halte, will Lanz wissen. Kühnert sei ein "Supertalent", aber er würde ihm raten, sich einen Beruf zu suchen. Kühnert hat sein Publizistik-Studium abgebrochen, arbeitete in einem Call-Center und sein Politik-Fernstudium ruht zugunsten der Politik. "Nur wenn Sie einen eigenen Beruf haben, können Sie risikolos nein", findet der studierte Lehrer Gabriel, der zuletzt Schlagzeilen mit seinem Wechsel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank machte. Ein Beruf, den man ausüben könne, wenn es mit der Politik vorbei sei, gebe einem Politiker Unabhängigkeit.

Lanz hakt nach: "Sie mögen ihn einfach nicht?"

"Wenn ich jemanden nicht mag, würde ich nicht sagen, er ist eines der größten politischen Talente der SPD", sagt Gabriel und damit ist das Thema beendet.

Kommt Gabriel zurück in die Politik?

Dann geht es um seinen Posten im Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Am 20. Mai will er sich den Aktionären zur Wahl stellen. Die Deutsche Bank machte zuletzt viele negative Schlagzeilen, nicht nur wegen ihrer Beteiligung am Cum-Ex-Skandal. "Die Kritik an der Deutschen Bank ist mehr als berechtigt", gibt Gabriel zu. sagt er. Aber er glaube, dass man "die Bank zurück begleiten muss" auf den rechten Weg. Er wolle das Geldhaus "mit dem Blick von außen kontrollieren".

Lanz schiebt, wie er es oft bei kritischen Fragen macht, "manche Leute" vor, die die ja denken könnten, dass da ein ehemaliger Top-Politiker sein Adressbuch versilbere. Gabriel kontert routiniert: "Wenn sich die Deutsche Bank ein altes Adressbuch kauft, ist sie schlecht beraten, meines ist zwei Jahre alt." 2018 beendete er seine Politiker-Karriere. Nebenbei lässt er dann noch fallen, dass er das Angebot hatte, Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie zu werden, wo er ein Vielfaches verdient hätte. Aber er wolle kein Lobbyisten-Dasein fristen. "Ich wollte nicht an die Türen klopfen, hinter denen ich vorher gesessen habe."

Zum Schluss will Lanz wissen, ob Gabriel denn einen Wiedereinstieg in die Politik ausschließe. Schließlich starte ja nun auch Friedrich Merz, der politisch abgeschrieben war nach seiner Zeit in der freien Wirtschaft in der CDU wieder durch.

"Wir wollen hier keinem Angst machen. Meine persönliche und politische Planung ist mit dem Ausscheiden aus dem deutschen Bundestag beendet", sagt Gabriel. Beim Fahrradfahren sei ihm damals zum ersten Mal in seinem Leben aufgegangen, dass das Leben endlich ist. "Du musst mit dem, was kommt, sorgfältiger umgehen", habe er bei den Gedanken an seine drei Töchter gedacht.

Entzugserscheinungen habe er aber schon "Sie werden ja kein unpolitischer Mensch, wenn Sie kein Amt mehr haben", sagt er. Und stellt Lanz dann scherzhaft in Aussicht: "Sie dürfen mich mit 70 wieder einladen." Das wäre dann 2030.

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