Eine politisch erfahrene Expertin aus der Energiewirtschaft, bekannte Bundespolitiker, Fachkompetenz aus den Ländern: Gut eine Woche vor der geplanten Wahl zum Kanzler stellt CDU-Chef Friedrich Merz den Spitzen seiner Partei in Berlin das Tableau der CDU-Minister:innen eines künftigen schwarz-roten Kabinetts vor. Neben etlichen bekannten Gesichtern gibt es zwei größere Überraschungen.
Mit diesem Team will Merz Deutschland nach der gescheiterten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP wieder auf Kurs bringen:
In den Ampel-Jahren ist der 52-Jährige als Manager der Unionsfraktion einer der wichtigsten Vertrauten von Merz geworden. Er gilt als akribischer Arbeiter und in so gut wie allen wichtigen politischen Themen sattelfest. Seit 2013 sitzt der eloquente Jurist im Bundestag, er ist gefragter Gast in Talkshows.
Im Kanzleramt soll Frei künftig für seinen Chef Fallstricke aus dem Weg räumen, einen reibungslosen Regierungsablauf sichern und Kontakt zu den Ländern halten. Kritiker:innen bemängeln, dem verheirateten Vater dreier Kinder fehle Regierungserfahrung. Das politische Handwerk hat Frei in seinem Heimatland gelernt: Von 2002 bis 2004 war er Regierungsrat im Staatsministerium Baden-Württemberg, von 2004 bis 2013 Oberbürgermeister von Donaueschingen.
Es wirkte schon länger so, als würde sich der 62-Jährige für die Nachfolge von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warmlaufen. Zuletzt besuchte er die Außenminister Frankreichs, Polens und deren Kollegen aus Italien und Großbritannien. Mit dem gebürtigen Husumer und verheirateten Vater dreier Kinder stellt die CDU erstmals seit fast 60 Jahren wieder den Außenminister.
Seit 2009 sitzt der Jurist und Ex-Zeitsoldat im Bundestag, er gilt als Vertrauter von Merz. Dieser dürfte hoffen, im Gleichklang mit Wadephul Außenpolitik machen zu können – anders als bei der Ampel, wo sich Baerbock gerne mit einem eigenständigen Kurs von Kanzler Olaf Scholz (SPD) absetzte. Privat bezeichnet sich der Schleswig-Holsteiner als Familienmensch – er hat seine Schulfreundin geheiratet.
Der langjährige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gilt als geschickter Wahlkampfmanager und Unterhändler. Der Öffentlichkeit ist der 54-Jährige dagegen eher als konservativer Scharfmacher und Ex-Verkehrsminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU) bekannt. In den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gelang es ihm nach Angaben von Teilnehmenden vor allem in der kritischen Schlussphase, Brücken zu bauen und Kompromisse zu finden.
Das Amt des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur (2013 bis 2017) brachte ihm unter anderem wegen der umstrittenen Pkw-Maut reichlich Kritik ein. Nun muss er als Innenminister zeigen, dass er den harten Unionskurs in der Asylpolitik auch umsetzen kann.
Mit Karsten Wildberger übernimmt ein Top-Manager das neue Digitalministerium. Als Vorstandschef des Ceconomy Konzerns und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding mit rund 1.000 Märkten in vielen Ländern bringt der 56-Jährige einschlägige Praxiserfahrung mit. In den vergangenen Jahren gehörte die digitale Transformation in Wirtschaft und Unternehmenswelt zum Kern seiner Tätigkeiten.
Internationale Führungspositionen bekleidete Wildberger auch bei T-Mobile, Vodafone und beim australischen Telekommunikationsunternehmen Telstar. Von 2016 bis Sommer 2021 war er dann beim Energiekonzern E.on als Vorstandsmitglied für den digitalen Wandel zuständig. Wildberg stammt aus Gießen, hat Physik in München und Aachen studiert und auch promoviert.
Die Nominierung der 51-jährigen Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin ist eine Überraschung. 1998 war sie mit 25 Jahren in den Bundestag eingezogen, dem sie bis 2015 angehörte. Sieben Jahre davon war sie Parlamentarische Staatssekretärin, saß auch im CDU-Bundesvorstand. Die geborene Brandenburgerin gilt als selbstbewusst und ehrgeizig – und ist bestens vernetzt.
Von 2005 bis 2009 war Reiche stellvertretende Chefin der Unionsfraktion. Sie warb für neue Atomkraftwerke und warnte, Deutschland dürfe nicht sehenden Auges in eine Energiekrise hineinlaufen. Die Diplom-Chemikerin wechselte 2015 zum Verband kommunaler Unternehmen, der viele Stadtwerke vertritt. Fünf Jahre später übernahm sie den Vorsitz des Energieversorgers Westenergie.
Der designierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder ist seit 2009 Mitglied des Bundestags. Der 56-Jährige hat den Wahlkreis Bitburg direkt gewonnen. In der vergangenen Legislaturperiode war der Jurist Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – und damit Mitglied des Führungskreises um Fraktionschef Merz.
Schnieder war daneben unter anderem auch stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss. In seiner künftigen Position dürfte er eine Schlüsselrolle haben bei der Umsetzung des riesigen Sondervermögens für Infrastruktur.
Dass Dorothee Bär diesmal Bundesministerin werden würde, hatte sich in den Koalitionsverhandlungen bereits abgezeichnet, als CSU-Chef Markus Söder sie in sein engstes Verhandlungsteam holte. Nun wird die 47-Jährige im schwarz-roten Kabinett neue Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt.
Dabei scheiden sich an der Unterfränkin, die mit ihrem Social-Media-Auftritt und mit ihrem mitunter auffälligen Kleidungsstil eine der bekanntesten CSU-Politikerinnen ist, parteiintern die Geister: Auf Parteitagen wurde sie zwar wiederholt zu einer der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden gewählt, aber meist mit einem schlechten Ergebnis. Andererseits halten sie viele für ein Talent, das sie einst auch als Digital-Staatsministerin unter Angela Merkel schon unter Beweis gestellt hat. Im Bundestag sitzt sie schon seit 2002. Bei der vergangenen Bundestagswahl wurde Bär bundesweite Erststimmenkönigin.
Gesundheitsministerin soll überraschend die CDU-Bundestagsabgeordnete Nina Warken werden. An den Koalitionsverhandlungen war sie noch in der Arbeitsgruppe Inneres, Recht und Migration beteiligt. Im Bundestag saß die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion auch im Ältestenrat.
Jahrzehntelange Erfahrungen im Gesundheitswesen wie der scheidende Minister Karl Lauterbach (SPD) hat die Juristin nicht gesammelt. Die 45-Jährige ist CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg – und Hobby-Tennisspielerin.
Er ist seitens der CSU der Unbekannte im neuen Kabinett: Alois Rainer, seit 2013 im Bundestag, steigt nun direkt in ein Ministeramt auf: Der 60-Jährige wird neuer Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat. Einer breiten Öffentlichkeit ist Rainer bisher nicht bekannt – auch wenn er bei der Bundestagswahl diesmal auf CSU-Listenplatz fünf kandidierte und der Name des Niederbayern damit auf allen Stimmzetteln im Freistaat zu lesen war.
Rainer ist aber nur Söders zweite Wahl für den Ministerposten, bereits im Wahlkampf hatte er immer Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner als seinen Wunschkandidaten benannt. Dieser hatte aber im März nach Protesten von Umwelt- und Tierschützern gegen seine Person aufgegeben.
CDU-Bundesvize Karin Prien gilt als eine der profiliertesten Bildungspolitikerinnen in der Union. Seit 2017 ist sie Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Sie ist stellvertretende CDU-Landeschefin, seit 2022 zudem stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU. Prien ist meinungsstark und scheut keine Debatte.
Vor ihrer Zeit im nördlichsten Bundesland war die Rechtsanwältin sechs Jahre lang Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Prien lebt in Hamburg und hat drei Kinder. Die ehrgeizige Juristin ist leidenschaftliche Köchin. Ihre Familie war vor den Nazis in die Niederlande geflohen.
Neben den Bundesminister:innen hat die CDU fünf Staatsminister:innen benannt, die im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt tätig sein werden. Der wichtigste – und zugleich umstrittenste – Posten ist der des Staatsministers für Kultur und Medien, der an den Verleger und Publizisten Wolfram Weimer geht.
Der 60-jährige Weimer war Gründer des sehr konservativen Magazins "Cicero", zuvor arbeitete er unter anderem als Chefredakteur der "Welt" und der "Berliner Morgenpost". Ein politisches Amt hatte Weimer bisher nicht inne, auch der deutschen Kulturszene steht Weimer eher fern. Die Berufung zum Kulturstaatsminister kam überraschend.
(Mit Material der dpa)