Bundeskanzlerin Angela Merkel.Bild: reuters / POOL
Deutschland
27.08.2020, 17:0528.08.2020, 11:43
Bund und Länder wollen angesichts wieder steigender Infektionszahlen Verstöße gegen die Corona-Beschränkungen schärfer ahnden. Auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen konnten sie sich am Donnerstag aber nicht in allen Punkten einigen.
Merkel war mit dem Plan in die Beratungen gegangen, wegen der wieder zunehmenden Infektionen an den geltenden Beschränkungen festzuhalten und die Regeln teilweise sogar zu verschärfen. In der Beschlussvorlage des Bundes hieß es, Bund und Länder verfolgten das Ziel, gemeinsam die Infektionszahlen wieder so weit wie möglich zu senken. Zugleich war es ganz offensichtlich Merkels Ziel, dass die Länder wieder zu einem abgestimmten und regional angepassten Handeln zurückkehren.
In den vergangenen Wochen war immer mehr Unverständnis über zum Teil deutlich auseinanderliegende Vorschriften etwa im Umgang mit dem Schulbeginn, privaten Feiern oder Großveranstaltungen in den einzelnen Ländern laut geworden. Zuletzt hatte Merkel mit den Länderregierungschefs am 17. Juni gemeinsam über Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beraten. In einer Beschlussvorlage des Bundes für die Runde hieß es jetzt, bei der Pandemiebekämpfung müsse berücksichtigt werden, dass es regional sehr unterschiedliche Infektionsgeschehen gebe. "Hohe Infektionszahlen erfordern und legitimieren andere Maßnahmen als niedrige Infektionszahlen." Deshalb bedeute ein abgestimmtes Handeln, "dass nach gleichen Prinzipien, aber immer angepasst an das regionale Infektionsgeschehen gehandelt wird".
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel.Bild: screenshot phoenix
Bund und Länder verständigten sich auf diese Punkte:
Maskenpflicht
Bei Verstößen gegen das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes soll ein Bußgeld von mindestens 50 Euro erhoben werden. In einigen Ländern wie Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland gibt es noch gar kein Bußgeld. In Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz kommen Maskenverweigerer aktuell noch günstiger davon, hier müsste dann das Bußgeld nach oben angepasst werden. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) erklärte, bei der deutlich schärferen Strafe von 250 Euro in seinem Land zu bleiben. Sachsen-Anhalt will laut Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gar kein Bußgeld erheben. Er begründet dies damit, dass sich die Menschen in seinem Land an die Corona-Regeln hielten.
Reiserückkehrer Risikogebiete
Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen demnächst eine Corona-Quarantäne frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach Rückkehr beenden können. Diese Regelung soll möglichst ab dem 1. Oktober 2020 gelten. Zudem soll geprüft werden, ob Reiserückkehrer aus Risikogebieten ihren Test selbst zahlen sollen. Der Bund fordert die Länder auf, die Quarantänepflichten vor Ort schärfer zu kontrollieren und bei Pflichtverstößen Bußgelder zu verhängen.
Bund und Länder haben sich außerdem auf schärfere Regeln für Reisen in Corona-Risikogebiete verständigt. Für die Zeit der Pflicht-Quarantäne nach einer "vermeidbaren Reise" in ein solches Gebiet solle den Rückkehrern künftig kein Verdienstausfall gezahlt werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten. Bund und Länder seien sich einig, dass Reisen in Risikogebiete wegen der hohen Infektionsgefahr "eingeschränkt werden" müssten.
Reiserückkehrer Nicht-Risikogebiete
Die erst vor kurzem eingeführten, kostenlosen Corona-Tests für Einreisende aus Nicht-Risikogebieten sollen zum Ende der Sommerferien mit dem 15. September wieder beendet werden. Söder will dem Vernehmen nach aber an seinem Angebot für kostenlose Tests an Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnen festhalten. Im Freistaat können sich damit auch weiterhin Rückkehrer aus Nicht-Risikogebieten auf das Corona-Virus testen lassen, ohne dafür bezahlen zu müssen.
Großveranstaltungen
Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, dürfen bis mindestens Ende Dezember 2020 nicht stattfinden. Zum einheitlichen Umgang mit Zuschauern bei bundesweiten Sportveranstaltungen wird eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Chefs der Staatskanzleien eingesetzt. Damit bleibt vorerst offen, ob die Fußball-Bundesliga weiter ihre Spiele vor leeren Zuschauerrängen austragen muss. Ein Verbot würde unter anderem auch die Spitzenvereine im Handball, Basketball und Eishockey empfindlich treffen. Über die Zulassung von Weihnachtsmärkten und Karnevalsveranstaltungen will Merkel erst später entscheiden.
Betreuung kranker Kinder
Gesetzlich Versicherten mit Anspruch auf Kinderkrankengeld sollen in diesem Jahr fünf zusätzliche Tage zur Betreuung eines kranken Kindes gewährt werden. Alleinerziehende sollen zehn zusätzliche Tage dafür bekommen. Der Bund soll dies entsprechend gesetzlich regeln.
Private Feiern
Bei den umstrittenen Feiern im Familien- und Freundeskreis konnten sich Bund und Länder nicht auf bundesweit geltende Obergrenzen für Teilnehmerzahlen einigen. Die Bürger werden gebeten, in jedem Einzelfall kritisch abzuwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten nötig und vertretbar seien. Diese Feiern gelten als ein Hauptgrund für die zunehmenden Neuinfektionszahlen.
(om/dpa)
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