Schon vor der Teilmobilmachung sind Russen, die sich am Krieg gegen die Ukraine nicht beteiligen wollten, aus dem Land geflohen. Durch die Ankündigung durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin, bis zu 300.000 Reservisten für seine Armee zu mobilisieren, verschärft sich die Lage. Zahlreiche Russen im wehrfähigen Alter wollen schlagartig das Land verlassen.
Denn: Wenn sie sich vor ihrer Pflicht drücken, drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.
Wie viele Menschen genau über die Grenzen fliehen, ist bislang nicht abzusehen. Einige Politiker:innen fordern ein schnelles Handeln. Der Grüne Europa-Abgeordnete Erik Marquardt fordert ein Aufnahmeprogramm.
Damit ist er nicht alleine. Er erhält etwa Unterstützung von Marco Buschmann (FDP). Der Finanzminister schreibt auf Twitter: "Wer Putins Weg hasst und die liberale Demokratie liebt, ist uns in Deutschland herzlich willkommen."
Die Teilmobilmachung zeigt vor allem Russlands Schwäche auf. Das zumindest beteuern mehrere Politiker:innen. So auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der findet: "Putin hat sich verrechnet."
Politikberater Erik Flügge schätzt die Lage ähnlich ein. Er schreibt: "Putin ist bereit, sein Volk in Masse zu verheizen. Es heißt vor allem: Russland steht militärisch mit dem Rücken zur Wand." Die Teilmobilmachung zeige, dass die russische Militärstrategie gescheitert sei.
Die Osteuropa-Expertin Gwendolyn Sasse sieht nach der Teilmobilmachung in Russland erste kleine Veränderungen der gesellschaftlichen Stimmung. Die Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und Internationale Studien an der Berliner Humboldt-Universität zählt auf: Erste kleinere Proteste, Flüge aus Russland heraus seien überbucht. "Das wird sich fortsetzen", sagte Sasse am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin".
Vor allem jüngere Männer, die sich mit der Beurteilung des Krieges bisher zurückgehalten hätten, dürften ihre Haltung nach Ankündigung der Teilmobilmachung im Krieg gegen die Ukraine ändern. Klar sei aber auch, dass es im Moment keine Mobilisierung "von unten" gegen Präsident Wladimir Putin gebe.
Die Teilmobilmachung wird nach Sasses Einschätzung aktuell die militärische Situation nicht ändern. Die einzuberufenden Reservisten müssten ausgebildet und ausgestattet werden. Das sehe eher nach einer Vorbereitung auf Ende des Jahres oder auf das Frühjahr kommenden Jahres aus, sagte Sasse. Unklar sei dabei, ob das ausreiche, um die Kriegsdynamik zu ändern.
(Mit Material von dpa)