Bei Verdienstausfällen wegen angeordneter Corona-Quarantäne sollen die meisten Nicht-Geimpften spätestens ab 1. November keine Entschädigung mehr bekommen. Darauf verständigten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Mittwoch mehrheitlich in einem Beschluss, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Bremen und Thüringen enthielten sich demnach bei der Abstimmung. Betroffen sind davon nur Menschen, für die es eine Impfempfehlung gibt und die sich auch impfen lassen können.
Bei den Beratungen der Minister ging es um eine bundesweit einheitliche Linie. Erste Länder hatten bereits jeweils für sich entschieden, dass Nicht-Geimpfte bald keinen Entschädigungsanspruch mehr haben sollen. Das Bundesinfektionsschutzgesetz sieht dies auch schon vor, wenn eine Absonderung hätte vermieden werden können, indem man eine empfohlene Schutzimpfung in Anspruch nimmt. Da inzwischen auch ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, soll dies nun umgesetzt werden. Die Einzelheiten regeln die Länder selbst.
Grundsätzlich haben Beschäftigte, die wegen einer Quarantäne-Anordnung zu Hause bleiben müssen, in den ersten sechs Wochen Anspruch auf Lohnersatz durch den Staat in voller Höhe, ab der siebten Woche noch in Höhe von 67 Prozent. Arbeitnehmer müssen sich um nichts kümmern und bekommen ihr Geld weiterhin direkt vom Arbeitgeber, der es sich bei der zuständigen Behörde erstatten lassen muss. Erst ab der siebten Woche müssen Arbeitnehmer die Entschädigung selbst beantragen.
Diese Regelung soll nun spätestens ab 1. November für nicht geimpfte Menschen, für die eine Impfempfehlung vorliegt, nicht mehr gelten, wenn sie als Kontaktpersonen von Corona-Infizierten oder als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet im Ausland in Quarantäne müssen und nicht zur Arbeit dürfen. Für vollständig Geimpfte gelten in der Regel keine Quarantäne-Anordnungen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte das Ende des finanziellen Ausgleichs bei Ungeimpften. "Da geht es übrigens nicht um Druck, sondern um Fairness gegenüber auch den Geimpften. Warum sollen andere dafür zahlen, dass jemand für sich entscheidet, sich nicht impfen zu lassen?", sagte der CDU-Politiker vor den Beratungen im ZDF.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek zeigte sich zuversichtlich mit Blick auf eine bundeseinheitliche Lösung. "Das bundesweit geltende Gesetz legt ganz klar fest: Wer sich bewusst nicht impfen lässt, obwohl es keine medizinischen Hindernisse dafür gibt und durch die Impfung eine Quarantäne hätte vermeiden können, hat bei einer Quarantäne keinen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post". Holetschek ist auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz. Klar sei aber auch: "Wer selbst erkrankt – was übrigens ja auch mit Impfung in manchen Fällen möglich ist – der bekommt natürlich weiterhin sein Geld vom Arbeitgeber, wie bei jeder anderen Krankheit auch", machte der CSU-Politiker klar.
Die Gesundheitsexperten von SPD und Grünen, Karl Lauterbach und Janosch Dahmen, hatten zuvor die Sorge geäußert, dass sich ungeimpfte Angestellte aus Sorge vor Quarantäne nicht mehr testen lassen. Dann könne eine "verdeckte Pandemie" entstehen, sagte Dahmen der "Rheinischen Post". "Die neue Regelung ist nicht zu Ende gedacht", sagte Lauterbach der Zeitung.
Skeptisch äußerte sich auch Eugen Brysch, der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. "Argumente und niederschwellige Angebote sind besser als Daumenschrauben", sagte Brysch der dpa mit Blick auf die Impfkampagne.
Ein zweiter Beschlussentwurf für die Beratungen am Mittwoch sieht nach "Handelsblatt"-Angaben eine Testpflicht für ungeimpfte Beschäftigte und Selbstständige in bestimmten Branchen vor. Aufgrund der Diskrepanz "zwischen einer rechtsverbindlichen 3G-Nachweispflicht im Publikumsverkehr einerseits und einer bloßen Angebotspflicht der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber andererseits wird ein dringender Handlungsbedarf gesehen", heißt es demnach in dem Entwurf. Die Regel solle angesichts der Infektionslage dort eingeführt werden, wo Beschäftigte mit "externen Personen in direkten Kontakt kommen".
(lfr/mit Material von dpa)