Eine Woche vor der neuen Bund-Länder-Runde zur Corona-Politik hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Vorstellungen für einen Ausstieg aus dem Lockdown konkretisiert. Die Öffnungen müssten von umfassenden Schnelltests flankiert werden, sodass sich die Bürgerinnen und Bürger gleichsam "freitesten" lassen könnten, um an einem sich langsam normalisierenden öffentlichen Leben teilzunehmen, sagte Merkel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag. Bereits im März solle ein solches Testsystem funktionsfähig sein.
"Eine intelligente Öffnungsstrategie ist mit umfassenden Schnelltests, gleichsam als Freitesten, untrennbar verbunden", sagte Merkel. Damit dies gelinge, müssten noch offene Fragen geklärt und das ganze Vorgehen am 3. März mit den Ministerpräsidenten beraten werden. "Wie lange es dann dauert, bis ein solches System installiert ist, kann ich auf den Tag genau noch nicht sagen. Es wird aber im März sein", sagte Merkel.
Sie werde kommende Woche mit den Ministerpräsidenten zudem besprechen, "ob wir mit einer deutlich größeren Zahl von Schnelltests einen Puffer schaffen können", sagte die Kanzlerin weiter. Grundsätzlich könne ein Schnelltest zeigen, "dass jemand an genau dem Tag nicht infiziert ist, oder umgekehrt, dass jemand, obwohl noch symptomlos, bereits infiziert und auch ansteckend ist".
Die Menschen in Deutschland sollen sich bereits in wenigen Tagen selbst auf das Coronavirus testen können: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte Sonderzulassungen für drei Produkte zur Anwendung zu Hause, wie es in einer Mitteilung vom Mittwoch hieß. Dies schaffe mehr Freiheiten und Sicherheit in der Pandemie, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Bundestag.
Nach der Zulassung wird davon ausgegangen, dass die Tests schon in wenigen Tagen erhältlich sein werden, etwa in Discountern, aber auch online. Bei allen drei nun zugelassenen Produkten werden die Proben durch einen Abstrich in der vorderen Nase entnommen. Ob die Abgabe künftig bezuschusst wird, ist nach Angaben Spahns noch offen und hängt auch vom Preis ab. Ursprünglich hatte Spahn erwogen, die Selbsttests mit einer Eigenbeteiligung von einem Euro abzugeben.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bezeichnete die Zulassung als einen "Meilenstein für viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens". Mit den Tests zur Eigenanwendung werde "die Brücke zum Impfen noch einmal verbreitert". Weitere Öffnungsschritte könnten damit erleichtert werden.
Kanzlerin Merkel betonte in der "FAZ", alle Menschen mit Symptomen sollten weiter mit einem aufwändigeren PCR-Test getestet werden. "Ein solches umfassendes Testen wäre für die Gesundheitsämter sehr wichtig", mahnte Merkel. Eine große Hilfe wäre es auch, wenn noch mehr Menschen die Corona Warn-App aktiv nutzten.
Merkel verteidigte zugleich die Inzidenzschwellen von 35 und 50 Neuinfektionen in sieben Tagen auf 100.000 Einwohner als Maßstab für die Corona-Maßnahmen. "Manche Ämter sagen, dass sie auch bei einer Inzidenz von 80 noch gut nachverfolgen können", sagte die Kanzlerin. In der Praxis dürfte es dann aber keinen Anstieg der Infektionszahlen mehr geben. "Ich sehe wenige Beispiele dafür, dass das gelingt."
Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz bei der Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland ist derweil erneut leicht gesunken. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) lag der Wert am Mittwoch bei 59,3, womit er am zweiten Tag in Folge zurückging. Am Dienstag hatte die Inzidenz 60,5 betragen, am Montag 61,0.
Der Wert war während des derzeitigen Lockdowns über Wochen hinweg gesunken. Kürzlich stieg er dann aber drei Tage in Folge an, bevor er nun an zwei Tagen nacheinander wieder etwas zurückging.
(lfr/afp)