Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer kommt am Donnerstag nach Chemnitz. In jene Stadt also, die vom gewaltsamen Tod eines Mannes und anschließenden ausländerfeindlichen Übergriffen schwer erschüttert wurde. Kretschmer will am Abend auf einer Dialogveranstaltung mit Bürgern ins Gespräch kommen.
Die selbst ernannte Bürgerbewegung "Pro Chemnitz" will auch da sein. Auch sie hat zu einer Demonstration aufgerufen.
Es war am Anfang unklar, aber inzwischen weiß man: Der Haftbefehl ist echt. Die Staatsanwaltschaft Dresden will wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermitteln.
Im Netz verbreitete sich der Haftbefehl teils geschwärzt, teils ganz lesbar. Er tauchte unter anderem auf der Internetseite von "Pro Chemnitz" auf, und ging außerdem bei einem Kreisverband der AfD und in einer Whatsapp-Gruppe von Pegida-Gründer Lutz Bachmann herum.
Unter den Nutzern, die den Haftbefehl öffentlich verbreiteten, ist offenbar auch der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Jan Timke aus Bremerhaven.
Ein Haftbefehl wird an alle Beteiligten des Verfahrens ausgereicht – etwa an die Verteidiger, die Justizvollzugsanstalt, die mit der Verlegung in die Haft beauftragte Polizeidienststelle und im Chemnitzer Fall an die Dolmetscher. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden schloss aber aus, dass ein Polizist ohne weiteres an das elektronische Datensystem der sächsischen Justiz herankommen ist.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer nahm die Polizeiführung in Schutz gegenüber Kritik. "Die Polizei hat einen super Job gemacht", sagte er der "Bild"-Zeitung. Politiker anderer Parteien sprechen hingegen von einem Versagen der Einsatzkräfte und sehen auch in der Eskalation rechter Gewalt in Sachsen eine Mitschuld bei der CDU-Landesregierung.
Der stellvertretende sächsische Ministerpräsident und Ost-Beauftragte der SPD, Martin Dulig, sah eine wesentliche Schuld für die Vorfälle von Chemnitz bei der CDU.
"Wir Sachsen müssen mit diesem Makel leben, den uns eine lange Zeit sehr bräsige CDU beschert hat."
Die Linke im Bund wirft der sächsischen CDU vor, das Problem des Rechtsextremismus im Freistaat verharmlost zu haben. "Es wurde Jagd auf Menschen gemacht, Journalisten mussten ihre Arbeit in Chemnitz abbrechen, weil sie um Leib und Leben fürchteten, bei Aufmärschen von rechten Kameradschaften wurde massenweise der Hitlergruß gezeigt und die Polizei war überfordert", kritisierten die Linke-Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger am Dienstag in Berlin.
In Chemnitz zeige sich auch, dass die AfD der Parlamentarische Arm der Neonazis sei, die auf den Straßen eine pogromartige Stimmung schafften. Die sächsische Landesregierung sei nun mehr denn je gefragt, Haltung zu zeigen, so Kipping und Riexinger.
Die liberale Wirtschaftszeitung "Hospodarske noviny" aus Tschechien schrieb am Donnerstag zu den Ausschreitungen in Chemnitz:
Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) kommentiert am Donnerstag:
Der Londoner "Guardian" kommentiert:
Zur Ruhe wird die Stadt vorerst wohl nicht kommen. Die AfD und das ausländerfeindliche Bündnis Pegida wollen am Samstag gemeinsam in Chemnitz demonstrieren. So soll es ab 17.00 Uhr einen Schweigemarsch geben. Man wolle "gemeinsam um Daniel H. und alle Toten der Zwangsmultikulturalisierung Deutschlands trauern", heißt es in dem Aufruf auf der Facebook-Seite der AfD Sachsen.
Unterzeichnet ist er von den AfD-Landesvorsitzenden Jörn Urban (Sachsen), Björn Höcke (Thüringen) und Andreas Kalbitz (Brandenburg). Alle drei werden zu der Kundgebung erwartet.
Am Montag soll es aber auch zu einer großen Gegendemo in Chemnitz kommen, bei der namenhafte Bands wie KIZ, Casper, Kraftklub oder Feine Sahne Fischfilet auftreten werden.
Gegen den Syrer und den Iraker war am Montag Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Totschlags ergangen.
Sie befinden sich in Untersuchungshaft und suchen offenbar gerade nach einem Anwalt, wie watson von der Staatsanwaltschaft erfahren hat.
(pbl/mb/dpa/rtr)