Im Parlament wurde am Mittwochabend über den Jahresbericht 2022 der Wehrbeauftragten beraten. Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) spricht in ihrem Bericht auch unter anderem das Sondervermögen für die Bundeswehr an und stellt eine klare Forderung an die Bundesregierung. Vor allem angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine.
Konkret schreibt Högl, das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr sei nicht ausreichend, um die volle Einsatzbereitschaft der Streitkräfte herzustellen. Dafür sei viel eher eine "Summe von insgesamt 300 Milliarden Euro" nötig. Zudem müsse sich die Höhe des Verteidigungshaushaltes in den kommenden Jahren stetig steigern. Denn es seien laut der Einschätzung der Expertin zweistellige Milliardenbeträge erforderlich, um die Munitionsbestände aufzufüllen und Munitionslager zu bauen.
Auch mahnte sie eindringlich an, dass Deutschland angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine Verpflichtungen gegenüber der Nato erfüllen müsse. Das Beschaffungswesen von militärischer Ausrüstung für die von Deutschland gestellten Soldaten für die Nato sei "zu behäbig".
Zum Jahresbericht gab es auch einen Entschließungsantrag, den die Unionsfraktionen eingebracht hatten. Dazu meldete sich nun noch einmal FDP-Politikerin und Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann deutlich zu Wort.
Immer wieder verlangen Politiker:innen der Ampel-Parteien die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine. Vor allem aus den Reihen der Grünen und der FDP. Trotzdem wurde der entsprechende Entschließungsantrag der Unionsfraktionen abgelehnt. Darin wurde die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert, "endlich und unverzüglich der Ukraine einsatzbereite 'Taurus'-Marschflugkörper in größtmöglichem Umfang bereitzustellen".
Der "Taurus" ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe und kann selbst Bunkeranlagen aus größter Höhe und Entfernung zerstören. Die Ukraine fordert schon lange solche Waffen.
Doch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Oktober beschlossen, keine dieser Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Die Befürchtung hinter dieser Entscheidung: Wegen der Reichweite von 500 Kilometern könnte auch russisches Territorium getroffen werden. In weiten Teilen der FDP und der Grünen herrscht allerdings erheblicher Widerstand gegen die Haltung von Scholz.
Doch nur 178 Abgeordnete stimmten in namentlicher Abstimmung für die Vorlage der Unionsfraktion, solche Marschflugkörper zu liefern, 485 dagegen, drei enthielten sich. Somit erhielt der Unionsantrag weniger Zustimmung als die Fraktion Sitze hat (197 Mandate im Parlament).
Der Entschließungsantrag der Union kann durchaus als Machtspiel gewertet werden. So sieht das auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Auf X, früher Twitter, hat sie ziemlich deutliche Worte für die Aktion der Union übrig.
Sie schreibt: "Wer mich kennt, weiß, dass ich mit Vehemenz für die bestmögliche Unterstützung für die Ukraine kämpfe." Dies geschehe allerdings gegen "den unglaublichen Starrsinn im Bundeskanzleramt & an SPD-Fraktionsspitze." Allerdings sei jeder Antrag vergebens, solange der Bundeskanzler und in dem Fall der Bundessicherheitsrat nicht an Bord seien, mahnte sie in Richtung Unionsfraktion.
Dann wurde sie noch deutlicher:
Sie forderte von Olaf Scholz dann: "Es ist Schluss mit Prüfen für Bundeskanzler, Herrn Mützenich und Co. Spätestens im Februar muss und wird ein Antrag der Ampel-Parteien vorliegen, der die Lieferung von Taurus und die weitere Unterstützung der Ukraine beinhaltet. Ohne Wenn und Aber."
Die Ablehnung des Antrags der Union zeichnete sich allerdings dennoch bereits ab, wie der "Spiegel" zuerst berichtete.
Denn wie Strack-Zimmermann erklärte, nützt ein Antrag an dieser Stelle nicht viel, selbst bei Beschlussfassung. Das war auch die Begründung für die Ablehnung der Abgeordneten der Grünen und FDP. FDP-Parlamentarier Nils Gründer erklärte laut "Tagesschau": "Natürlich ist die FDP-Fraktion für die Lieferung von 'Taurus' (...), aber ich finde es schon schwach, dass wir diese Debatte auf dem Rücken der Anliegen unserer Soldatinnen und Soldaten heute austragen."
Habeck erklärte, dass man bei der Unterstützung der Ukraine immer abwägen müsse, "dass Deutschland nicht direkt Kriegspartei wird", schreibt die "Tagesschau".