Die Corona-Pandemie und die Energiekrise sind nur zwei der vielen Faktoren, die ein tiefes Loch in die Staatskasse reißen. Ein Loch, das gestopft werden will.
Bundesfinanzminister Christian Lindner steuert nun mit einem Plan entgegen. Er will viele Millionen Euro bei der finanziellen Unterstützung von Arbeitslosen einsparen, wie aus dem Haushaltsentwurf für 2023 hervorgeht. Besonders betreffen werden die Kürzungen neben Hartz-IV-Empfängern vor allem Langzeitarbeitslose. Dem sozialen Arbeitsmarkt droht damit das Aus. Lindner erntet wegen der geplanten Streichungen eine Welle der Empörung.
Die Förderung von Langzeitarbeitslosen soll stark zurückgeschraubt werden, wie "Spiegel" zuerst berichtet hatte. Demnach sollen für "Leistungen zur Eingliederung in Arbeit" in der Grundsicherung für Arbeitsuchende statt aktuell gut 4,8 Milliarden Euro im kommenden Jahr nur noch 4,2 Milliarden Euro gekürzt zur Verfügung stehen. Das ist ein Minus von insgesamt 609 Millionen Euro.
Im Fokus der Kürzungen stehen laut dem Bericht die finanziellen Leistungen für Langzeitarbeitslose. So plant Lindner demnach, das Budget für den "Sozialen Arbeitsmarkt“ bis 2029 um 609 Millionen Euro auf nur noch fünf Millionen Euro pro Jahr zu kürzen.
Ein heftiger Wegfall finanzieller Mittel für Langzeitarbeitslose.
Konkret bedeutet die Streichung: Die Beschäftigungsmaßnahme für rund 42.000 Langzeitarbeitslose steht de facto vor dem Aus.
Den sogenannten "sozialen Arbeitsmarkt" hatte Arbeitsminister Hubertus Heil erst 2019 in Leben gerufen. Ein Hebel, der in Fachkreisen als äußerst sinnvoll erachtet wurde. Schließlich sollten die öffentlich geförderten Arbeitsplätze auch Menschen eine Job-Chance bieten, die als besonders schwer vermittelbar gelten.
Tatsächlich kann die Maßnahme Menschen den (Wieder-)Einstieg ins Arbeitsleben deutlich erleichtern. Die Idee: Unternehmen stellen Langzeitarbeitslose in Vollzeitstellen ein. Bezahlt werden die vermittelten Mitarbeiter aber fünf Jahre lang vom Staat – im ersten Jahr zu 100 Prozent, im fünften Jahr immerhin noch zu 70 Prozent.
Aktuell nehmen laut Bundesagentur für Arbeit 42.000 ehemals Langzeitarbeitslose an dem Programm teil. Zwischen 2019 und 2021 kostete diese Maßnahme den Staat knapp vier Milliarden Euro.
Für die geplante Kürzung erntet Lindner heftigen Gegenwind.
So zum Beispiel vonseiten der Linken-Politikerin Katja Kipping. Sie verurteilt die Pläne scharf: "Kürzungen bei den Ärmsten, bei Hartz IV, bei Arbeitsmarktpolitik – und das angesichts eines Herbstes der Energiearmut – das geht so dermaßen gar nicht, Herr Lindner", schreibt sie auf Twitter. Und: "Da bleiben mir doch glatt die Glückwünsche zu Ihrer Hochzeit im Halse stecken."
Kritik hagelt es auch vonseiten der sozialpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Jessica Tatti. Sie nennt die geplanten Kürzungen gar eine "krasse Bankrotterklärung" und fordert eine aus ihrer Sicht sozial gerechtere Maßnahme für die Budgetverteilung: "Statt zwanghaft an der Schuldenbremse festzuhalten, muss die Bundesregierung in dieser Krise endlich die massiven Übergewinne der Konzerne besteuern." Statt den sozialen Arbeitsmarkt ins Aus zu befördern, fordere ihre Fraktion, diesen weiter auszubauen.
Kritische Worte für das Finanzmanagement durch Lindner findet auch eine Twitter-Userin. Sie spricht von der Streichung als "unsoziale Kackscheiße": "Über 65 Milliarden Euro umweltschädliche Subventionen pro Jahr, von denen beispielsweise bei Dienstwagenprivileg und Dieselprivileg primär Gutverdiener profitieren und Christian Lindner will den Rotstift bei Hartz IV-Empfänger*innen ansetzen", schreibt sie.
Ähnlich sieht es die Verfasserin eines anderen Tweets. Sie twittert, provokant an den Finanzminister gerichtet: "Hey, Christian Lindner, wie schaut es aus: Holen Sie das letzte Hemd von Hartz-IV-Bezieher:innen persönlich ab oder soll man es Ihnen per Post schicken?"