Ein Demonstrant mit Kippa am 13. Oktober auf der Demonstration von "Unteilbar".Bild: imago images/IPON/
Deutschland
24.10.2019, 10:2824.10.2019, 11:03
Jeder vierte Deutsche hegt laut einer neuen
Studie antisemitische Gedanken. Und 41 Prozent sind gar der Meinung,
Juden redeten zu viel über den Massenmord des Nazi-Regimes an den
europäischen Juden, wie eine repräsentative Umfrage des Jüdischen
Weltkongresses zeigt, über die die "Süddeutsche Zeitung"
(Donnerstag) berichtete. Die Befragung mit 1300 Teilnehmern
fand vor zweieinhalb Monaten statt, also vor dem antisemitischen Anschlag auf die
Synagoge in Halle.
Dem Bericht zufolge behaupten 28 Prozent der als Elite
bezeichneten Umfrageteilnehmer, Juden hätten zu viel Macht in der
Wirtschaft, 26 Prozent attestieren Juden "zu viel Macht in der
Weltpolitik". Zur Elite zählen die Studienautoren
Hochschulabsolventen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 100.000
Euro.
Zwölf Prozent sagten, Juden trügen Verantwortung für die meisten Kriege
Weiter ergab die Befragung laut "SZ", dass fast die Hälfte von
ihnen (48 Prozent) behauptet, Juden verhielten sich loyaler zu Israel
als zu Deutschland. Zwölf Prozent aller Befragten gaben an, Juden
trügen die Verantwortung für die meisten Kriege auf der Welt. 22
Prozent sagen, Juden würden wegen ihres Verhaltens gehasst.
Wachsender Antisemitismus wird der Studie zufolge von einer
überwältigenden Mehrheit in der Bevölkerung wahrgenommen und mit dem
Erfolg rechtsextremer Parteien in Verbindung gebracht. 65 Prozent der
Deutschen und 76 Prozent der sogenannten Elite sehen einen
Zusammenhang.
Was ist der Jüdische Weltkongress?
Der Jüdische Weltkongress (WJC) ist eine Vereinigung, die
jüdische Gemeinden und Organisationen in 100 Ländern vertritt. Der
Präsident Ronald S. Lauder sagte der "SZ" zu der Studie,
Antisemitismus habe in Deutschland einen Krisenpunkt erreicht. "Es
ist an der Zeit, dass die gesamte deutsche Gesellschaft Position
bezieht und Antisemitismus frontal bekämpft."
In Halle hatte am 9. Oktober ein Deutscher schwer bewaffnet
versucht, in eine Synagoge einzudringen. Als sein Plan misslang,
erschoss er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf
einen 20-Jährigen in einem Döner-Imbiss. Der 27-Jährige ist in
Untersuchungshaft und gibt ein rechtsextremistisches, antisemitisches
Motiv zu.
(as/dpa)
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