Wolfgang hat sein ganzes Leben auf dem Bau gearbeitet und ärgert sich über "die da oben".Bild: Timo Stein
Deutschland
46,9 Prozent hat die AfD bei der Landtagswahl am Sonntag im brandenburgischen Jämlitz-Klein Düben geholt. Im 100 Kilometer entfernten Dahmetal waren es 16 Prozent. Bereits bei den Kommunalwahlen im Mai holte die AfD in der einen Gemeinde ihr stärkstes, in der anderen ihr schwächstes Ergebnis. Unser Reporter hat beide 500-Seelen-Gemeinden eine Woche vor der Wahl besucht und nach Antworten gesucht. Eine Fahrt ins Blaue.
01.09.2019, 22:5902.09.2019, 00:07
Brandenburg im August. Die Fahrt in die gut 90 Kilometer von Berlin entfernte Gemeinde Dahmetal führt über kilometerlange Alleen, Bäume stehen Spalier, brechen Licht, drücken Schatten über vorbeiziehende Autodächer. In Görsdorf, dem größten Ortsteil, teilen sich AfD und Grüne den Ortseingang, konkurrieren stoisch an einem Laternenpfahl. In einer Glasvitrine kündigen sich die Wolgakosaken an, ein Rasenmäher rattert, zwei Schüler springen aus dem Bus 470, die Sprinkleranlage auf dem kleinen Sportplatz spuckt Wasser in den Augusthimmel.
Ortseingang Görsdorf.bild: timo stein
Von einer vermeintlichen Schicksalswahl für eine ganze Republik ist in der 460 Einwohner starken Gemeinde nichts zu spüren. Die AfD, so scheint es, hat hier nichts zu sagen. Mit 6,2 Prozent holte sie bei der Kommunalwahl Ende Mai in Brandenburg ihr schlechtestes Ergebnis. Dennoch ist ihre Sprache irgendwie überall.
Die SPD-Frau und die Kneipenthese
Ina hat eine Theorie, warum das so ist. Die Müllerin aus Jüterbog wirft SPD-Grußbotschaften in die Görsdorfer Briefkästen. Bis zum Wahlsonntag zieht sie mit einem SPD-Kollegen noch über die Dörfer. Bis Sonntag haben sie dann in mehr als 50 brandenburgischen Gemeinden SPD-Flyer verteilt. "Die AfD ist so stark, weil sie in die Kneipen geht“, sagt sie. "Und zwischen zwei und drei Bier streuen die ihre Ideologie ein. Die machen auf Kumpel und die Menschen nehmen deren Thesen mit und geben sie zuhause weiter."
Die SPD kann gerade jede Hilfe brauchen. Zum Glück hat sie Leute wie Ina:
Bild: timo stein
Ina weiß auch, als Arbeiterpartei müsste eigentlich die SPD genau dort Wahlkampf machen. Eine Kneipe gibt es in Görsdorf und der Gemeinde Dahmetal allerdings nicht. Nicht mehr.
Das CDU-Bürgermeisterpaar
Einen Düngerschuppen dafür schon. Manfred Hartfelder schließt ihn auf. Er ist seit 29 Jahren Bürgermeister der Gemeinde, in der die AfD – zumindest auf dem Papier – keine Rolle spielt. Drei Heimatvereine kümmern sich um die Instandhaltung des Schuppens, der zum Gemeindezentrum umgebaut wurde. Die Feuerwehr trifft sich hier, Hochzeiten werden gefeiert und auch das Dorffest findet hier statt. Jenes Fest, für das Ina Grüße des SPD-Generalsekretärs und Direktkandidaten in die Briefschlitze schiebt. "Liebe Görsdorfer, viel Spaß beim Dorffest... Ihr Landtagsabgeordneter." In einer Ecke an der Wand im Düngerschuppen hängen die Ehrenbürger der Partnergemeinde aus Polen. Es sind die einzigen Ausländer in der Gemeinde, gerahmt und hinter Glas. Einwohner ohne deutsche Staatsbürgerschaft gibt es in Dahmetal nicht.
Hier spielt die Musik, wenn sie denn spielt, im Görsdorfer Düngerschuppen.Bild: Timo Stein
Zuhause bei den Hartfelders hat Manfreds Frau Carola gerade Rotkohl aus dem Garten eingemacht. Am Küchentisch schimpft Manfred Hartfelder über "die da oben". Seine Frau war genau dort. Carola Hartfelder war von 1993 bis 1996 Landesvorsitzende der CDU in Brandenburg. Auch dem Bundesvorstand gehörte die heute 68-Jährige an. Die CDU war damals heillos zerstritten. "Die allerschlimmste Zeit der CDU in Brandenburg", sagt sie. Das Versprechen von den blühenden Landschaften, das Ex-Kanzler Helmut Kohl zur Wende gegeben hatte, sei ihr regelmäßig um die Ohren geflogen. 1996 hatte sie genug und trat zurück.
Warum ist die AfD in Brandenburg so stark, aber in Dahmetal so schwach? Carola Hartfelder hat eine Vermutung: Sie und ihr Mann seien sehr konservativ – nicht die Mitte der CDU. "Mit unserer Meinung gelten wir heute doch schon als rechtsradikal", glaubt Manfred Hartfelder. "So wie 90 Prozent der Menschen hier auch. Und das nur, weil die mit der gegenwärtigen Politik nicht mehr einverstanden sind." Dass man Menschen helfe, die Hilfe bräuchten, sei selbstverständlich, stimmt Carola Hartfelder ihrem Mann mit Blick auf die Migrationspolitik zu, "aber irgendwann ist es dann auch gut".
Zu Tisch bei den Hartfelders.Bild: timo stein
Für Carola Hartfelder hat auch die CDU Schuld daran, dass es die AfD gibt. Die habe den rechten Rand abgegeben. "Wir brauchen diesen konservativen Flügel aber, weil wir ein Land haben, in dem es konservative Menschen gibt", sagt sie. Ein CDU-Kollege, erinnert sie sich, habe mal davon gesprochen, dass Diktatur manchmal notwendig sei. Hartfelder, die in der DDR tatsächlich eine Diktatur kennengelernt hat, hätte ihn für diese Aussage am liebsten gesteinigt, wie sie sagt. "Aber das muss man aushalten."
Bild: timo stein
Die Hartfelders sorgen sich um den Rechtsstaat. Um die Demokratie. Die sei nicht von rechts bedroht, sondern aus der Mitte. Zwar nehme offiziell das ehrenamtliche Engagement zu, aber das sei nicht mehr aufs Allgemeinwohl ausgerichtet. Es gehe nicht mehr um Vereine, die Feuerwehr oder die Gemeinde vor Ort, sondern um Bürgerinitiativen, um linken Aktivismus für eine vermeintlich gute Sache. Meist ohne politisches Gesamtkonzept. Die Aktivisten im Hambacher Forst bezeichnet Manfred Hartfelder als "Terroristen". Recht müsse aber Recht bleiben, sagt seine Frau. Der Zweck heilige nicht die Mittel.
Immer bereit.Bild: timo stein
Die Hartfelders wundert es nicht, dass die AfD gerade auf dem Land im Osten so erfolgreich ist. Die vergangenen Jahre sei eine Politik gemacht worden, die alles auf den Bürgern ablade. Carola Hartfelder zählt auf: "Steigende Strompreise, Windanlagen vor der Tür, die den Schall bündeln und richtig Lärm machen." Manfred Hartfelder stimmt ein: "... Atomausstieg planlos. Landwirtschaftspolitik planlos. Migrationspolitik planlos. Kohleausstieg planlos."
Sie: "Eine völlig übereilte Energiewende. Dabei haben wir schon eine Wende hinter uns. Die Leute haben einfach Angst davor."
Er: "Subventionspolitik planlos."
Sie: "Und dann dieses 'Gute-Kita-Gesetz'. Allein der Titel!"
Er: "Schulpolitik: Katastrophe."
Sie: "Dabei war der Lehrermangel absehbar. Das habe ich schon vor 15 Jahren gesagt..."
Er: "... planlos!"
Der Kaffeevollautomat heult auf, Streuselkuchen wird gereicht, Manfred Hartfelder versucht ein paar Küchenfliegen mit einer gelben Fliegenklatsche zu beeindrucken. Erst die anderen Parteien und Medien würden die AfD so stark machen, sagen die Hartfelders. Die AfD sei regelrecht hochgeschrieben worden. Dabei habe es dieses Phänomen vor 20 Jahren schon einmal gegeben. Damals hieß es DVU. 1999 zogen die Rechtspopulisten in den brandenburgischen Landtag ein. Dort musste sich Carola Hartfelder mit der Rechtsaußenpartei auseinandersetzen. "Die haben ihre Reden gehalten, es wurde weder geklatscht noch gebuht." Auch die "Offensive für Deutschland" sei totgeschwiegen worden. Eine rechtspopulistische Kleinpartei, die eine Seifenblase geblieben sei. "Und die haben sich dann von selbst zerlegt."
Manfred Hartfelder fuchtelt wieder mit der gelben Klatsche. "Die glauben doch, wir sind doof. Diese Arroganz zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik." Die Arroganz verortet er vor allem bei den Grünen. Das Verständnis für das Land fehle. Es ärgert ihn, wie die Klimadebatte in Deutschland geführt werde. Und dann der Hype um Greta Thunberg. "Das kann man doch hier niemandem mehr erklären“, sagt Carola Hartfelder. Und ihr Mann ergänzt: "Wie viel Energie die verbraucht beim Rudern. Das nimmt hier doch keiner mehr für voll. Die hätte mit dem Einbaum fahren sollen."
Mit den Hartfelders im Gemüsegarten.Bild: timo stein
Trotz aller Kritik am Kurs der eigenen Partei, der CDU bleiben die Hartfelders treu. "Ich werde bis an mein Lebensende CDU wählen", sagt Manfred Hartfelder. Seine Frau liefert das Aber: Sie würden aus der Partei austreten, "wenn Ingo Senftleben mit der Linken koaliert. Ich bin nicht in die CDU eingetreten, damit die Linken wieder einen demokratischen Sozialismus machen können. Sozialismus ohne Diktatur gibt es nicht." Gewählt haben beide bereits. Wie es danach weitergeht? Das Ergebnis müsse man akzeptieren und sich damit auseinandersetzen, sagt Carola Hartfelder. "Dafür haben wir ja Demokratie."
Arzt!Bild: timo stein
Fast jeder Zweite wählt hier AfD: Jämlitz-Klein Düben
In Jämlitz-Klein Düben ist nicht nur der Himmel blau. Bei der Kommunal- und Europawahl im Mai haben in der 490-Einwohner-Gemeinde über 40 Prozent AfD gewählt. Die Gemeinde gehört zum Landkreis Spree-Neiße. Dort ist die AfD bereits das, was sie in ganz Brandenburg am Sonntag werden will: stärkste Partei. Mit knapp 27 Prozent gewann sie den Kreis. Mit Abstand folgte die CDU mit 20, die Grünen blieben unter fünf Prozent.
Jämlitz, die größte Ortschaft der Gemeinde, liegt 100 Kilometer von Görsdorf entfernt, nicht unweit von der polnischen Grenze. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln würde man von Dorf zu Dorf über sechs Stunden benötigen und achtmal umsteigen müssen. Jämlitz hat genau wie Görsdorf keine Gaststätte mehr, keinen Bäcker, keinen Kiosk. Im Unterschied zu Görsdorf gibt es dort aber auch keine Parteien mehr. Die CDU hat sich längst aufgelöst. Die meisten Leute der achtköpfigen Gemeindevertretung stellen Feuerwehr- und Heimatverein. Einzig eine Frau sitzt für die SPD in der Gemeindevertretung. Mitglied in der Partei ist sie nicht.
Die freiwillige Feuerwehr in Jämlitz teilt sich das Gebäude mit einem Friseursalon (nicht im Bild). Bild: timo stein
Der Ortswehrführer
Ingolf Reimann sitzt an einem Tisch im Arbeitsraum der Feuerwehr. Dass die AfD so erfolgreich sei, liege vor allem an den großen Parteien, glaubt der 61-Jährige. Er ist Ortswehrführer der freiwilligen Feuerwehr in der Gemeinde. Reimann legt Wert darauf, dass er seine Meinung zur AfD als Privatmann äußert und nicht in Funktion des Feuerwehrführers.
"Keine der 'Altparteien' will von ihren eingefahrenen Strukturen abweichen, und das ärgert viele Bürger und macht sich die AfD zu nutze", sagt er. "Die Leute haben die Nase voll von leeren Versprechungen." Das untergrabe die Demokratie. In Jämlitz sei eigentlich immer CDU, im Ortsteil Klein-Düben SPD gewählt worden, erzählt er. Doch: "Die haben die Leute verloren." Reimann selbst war auch mal in der CDU.
Hier tagt die Feuerwehr in Jämlitz.Bild: timo stein
Reimann lebt seit Geburt in dem Ort, engagiert sich bei der Feuerwehr, in der Lokalpolitik, ist selbstständig, repariert die Kläranlage oder verlegt Pflastersteine. Und er ist unzufrieden – wie so viele: Mit "denen da oben". Mit den Grünen und deren Klimapolitik: "Die haben ja nicht mal richtige Abschlüsse." Mit der Migrationspolitik: Zweidrittel der Flüchtlinge seien junge Männer, die das Sozialsystem belasten würden. "Warum tun die nicht in ihrer Heimat was für ein besseres Leben?" Bewohner ohne deutschen Pass gibt es auch in Jämlitz-Klein Düben nicht. Reimann kenne aber einen Türken in der Nachbarstadt, der habe einen Dönerladen, sei integriert und mache keine Probleme.
Die SPD-Frau, die kein Mitglied ist
Helga Britze, die Frau, die für die SPD im Gemeinderat sitzt, kommt ins Feuerwehrhäuschen. Sie ist Unternehmensberaterin und Buchhalterin. Es stört sie, dass die Gemeinde finanziell auf keinen grünen Zweig komme. Die "Milliardenüberschüsse", über die der Bund verfüge, würden an die Kommunen nicht weitergereicht. "Dabei müssten wir eigentlich die Straßen machen", sagt sie. Das frustriere die Leute. Sie ärgert besonders, dass alle von Digitalisierung reden, es in der Gemeinde aber "weiße Flecke" gebe, Funklöcher. Dabei wurden extra zwei Funkmasten aufgestellt.
Ortswehrführer Ingolf Reimann und Helga Britze.Bild: timo stein
Reimann und Britze sind enttäuscht von der Regierung. Und die Leute im Ort seien das auch. "Statt sich mit Sachfragen und dem Regieren unseres Landes zum Wohle unseres Volkes auseinanderzusetzen, beschäftigen sich die Altparteien nur noch mit sich selbst", sagt die Frau, die für die SPD im Gemeinderat sitzt. "Gute-Kita-Gesetz – ich kann es nicht mehr hören. Wenn man das schon so nennen muss, kann gar nichts Gutes dabei herauskommen."
Die Leute im Osten seien besonders kritisch. Aber man würde sich jetzt nichts mehr gefallen lassen. "Berieseln lassen haben wir hinter uns." Und auch in Jämlitz fällt er wieder, der DDR-Vergleich. Auch Helga Britze fühlt sich an DDR-Zeiten erinnert: Heute dürfe man auch vieles nicht mehr sagen. Sofort würde man in die rechte Ecke gestellt. "Egal, ob man die unkontrollierte Migration kritisiert oder die Grünen. Sobald du heute kritisch bist, bist du rechts." Dabei seien die Ansichten der Menschen im Ort nicht braun und rechtsradikal, sondern vom "gesunden Menschenverstand" geprägt.
Bild: timo stein
Britze stört besonders der Hype um die Grünen. Der mediale Umgang sei viel zu unkritisch. Dem gegenüber stünden unsachliche, arrogante und beleidigende Kommentatoren, wenn es um die AfD gehe.
"Und jetzt soll auch noch die Kohle weg. Dann haben wir hier gar nichts mehr", befürchtet Ortswehrführer Reimann. Dann holt er sein Handy raus, zeigt ein Bild, das gerade in seinem Bekanntenkreis geteilt wird. Und plötzlich ist Greta Thunberg wieder Thema. Ein 16-jähriges Mädchen, das zu diesem Zeitpunkt gerade tausende Kilometer von Jämlitz entfernt über den Atlantik schippert.
Herr Reimann hat Post.
Die angeblichen Fakten sind nicht nur beim Feuerwehrführer auf dem Smartphone gelandet, sondern wurden gerade via Facebook und Whatsapp tausende Male geteilt.
"Fakten" steht drüber. Falschmeldung steckt drin:
Das Journalistenteam von "Correctiv" hat die Behauptungen längst widerlegt. An Bord befand sich kein Filmteam, sondern ein einzelner Dokumentarfilmer. Das Boot wurde nicht von militärischen Überwachungsflugzeugen überwacht und auch für die Behauptung, dass es sich um die Überquerung mit dem höchsten CO2-Verbrauch seit dem Zweiten Weltkrieg handele, gibt es keine Belege.
"Viele im Dorf sagen ganz offen, dass sie die AfD wählen, um den großen Parteien einen Denkzettel zu verpassen", sagt er. Das seien aber zu 90 Prozent Protestwähler. "Nicht alles, was die AfD auf Ihrem Wahlprogramm hat, ist gut. Das ist ja aber bei allen Parteien genauso."
"Und", sagt er, "zumindest traut man sich jetzt wieder was zu sagen."
Der Mann am Zaun
So wie Wolfgang. Der steht am späten Nachmittag plötzlich am Gartenzaun. Wolfgang findet es "gut, dass die AfD so stark ist". Das sei die logische Konsequenz "von der Politik da oben." Der 74-jährige Bauingenieur hat viele Jahre CDU gewählt. Heute nicht mehr. "Die machen alle nur Versprechungen. Durch die AfD zittern die jetzt wirklich."
Wolfgang sagt, dass seine Frau sagt, er solle sich nicht immer so aufregen, er könne ja eh nichts mehr ändern.Bild: Foto: Timo Stein
Wolfgang ist ein politischer Mensch, seit Jahrzehnten besucht er Sitzungen der Gemeindevertretung. Immer wenn man in der Kommune Geld brauche, dann gebe es keines, will er beobachtet haben. "Gleichzeitig kommen die Migranten im feinen Zwirn hierher, kriegen Hartz IV und gehen in Polen arbeiten. Und die 94-jährige Mutti muss ihre Rente versteuern."
Dass die AfD gar kein Rentenkonzept hat und Asylbewerber in der Regel weniger bekommen als Hartz-IV-Empfänger, weiß Wolfgang im Grunde auch. Darüber aufregen kann er sich nicht. Die meisten Politiker interessiere es nicht, was in den Dörfern passiere. "Ob ein Bus fährt, ob ein Arzt kommt", sagt Wolfgang. Auch Klima sei hier kein Thema, sondern der Kohleausstieg: In der Lausitz fielen dadurch Tausende Arbeitsplätze weg. "Wir können als Deutsche doch nicht das Weltklima retten."
Auch in Jämlitz braucht es keine AfD-Präsenz, um diesen Gartenzaun zu politisieren. Der Zeitgeist hat ihm längst einen anderen Anstrich verpasst. Einen Ton, eine Klangfarbe, der nicht in Jämlitzer Vorgärten endet, sondern mittlerweile in der ganzen Republik zu hören ist. Mit der AfD kommt für viele offenbar so etwas wie ein Gefühl des Gehörtwerdens zurück. Zu welchem Preis, scheint egal. Die AfD sitzt längst in den Dörfern und muss dafür nicht einmal präsent sein. Denn genau wie in Dahmetal gibt es in Jämlitz-Klein Düben nicht nur keine Kneipen, es gibt offiziell auch gar keine AfD. Doch deren Sprache und Thesen sind längst dort.
In Dörfern, in denen freundlich gegrüßt wird, Vorgärten akkurat konkurrieren, Schlüssel im Schloss der Eingangstüren stecken oder pfeifende Dorfbewohner im Blaumann vorbeiradeln. Es ist später Nachmittag, Grillen sind zu hören, irgendwo bellt ein Hund – und der Himmel ist noch immer blau. In Jämlitz. Brandenburg.
Hat noch Luft: Glasvitrine in Görsdorf.Bild: timo stein