Seit über 1000 Tagen herrscht bereits Krieg in der Ukraine. Und das, obwohl der russische Präsident Wladimir Putin das kleinere Nachbarland binnen weniger Tage einnehmen wollte. Nach bald drei Jahren herrscht eine enorme Kriegsmüdigkeit – nicht nur in der Ukraine.
Eigentlich liegen die Forderungen für Friedensverhandlungen beider Staaten weit auseinander. Doch nun lassen Aussagen von Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufhorchen.
Die Ukrainer:innen werden immer kriegsmüder. Dass der Wunsch nach Frieden größer wird, verdeutlicht eine aktuelle Gallup-Umfrage: Demnach würden es mittlerweile 52 Prozent der Befragten begrüßen, wenn ihr Land "so bald wie möglich" über ein Ende des Krieges verhandeln würde, wie "Kyiv Independent" berichtet. Nur etwa vier von zehn Ukrainer:innen (38 Prozent) sagten, das Land solle "weiterkämpfen, bis es den Krieg gewinnt".
52 Prozent der Friedensbefürworter:innen seien dabei auch zu territorialen Zugeständnissen als Teil eines Friedensabkommens bereit.
Unterdessen überraschte Selenskyj mit einer Aussage, die Raum für eine vorübergehende russische Kontrolle über bestimmte Gebiete der Ukraine lässt. Er äußerte sich mit Blick auf Putin an der Staatsspitze: "Vielleicht muss die Ukraine jemanden in Moskau überleben, um ihre Ziele zu erreichen und das gesamte Staatsgebiet wieder herzustellen."
Selenskyj lehnt formaljuristische Gebietsabtretungen jedoch weiterhin kategorisch ab. "Wir verzichten nicht auf die Rechte der Ukraine auf ihr Territorium", unterstrich der Staatschef. Internationale Medien spekulieren immer wieder über ein mögliches Einfrieren des Krieges entlang der Frontlinie in der Ukraine, ohne dass Kiew juristisch Gebiete an Russland abtritt.
In einem Interview mit dem US-Sender Fox News gab Selenskyj später zu, dass die Ukraine den Krieg möglicherweise verlieren könnte, falls die enorme Unterstützung der USA beim Amtsantritt von Donald Trump im Weißen Haus ausbleiben sollte. "Wenn sie (die Hilfe) endet, glaube ich, werden wir verlieren", erklärte der ukrainische Präsident.
Trotz dieser Sorge werde die Ukraine jedoch weiterhin kämpfen. Zwar verfüge das Land über eine eigene Rüstungsindustrie, doch diese könne den Bedarf nicht decken. "Es wird nicht genug sein, um zu überleben."
Die Ukraine fürchtet, dass Trump, wie er es im Wahlkampf angedeutet hatte, die militärische Hilfe aus den USA entweder deutlich reduzieren oder ganz einstellen könnte. Selenskyj hofft, dass Trump in der Lage sein wird, Putin dennoch zu einer Beendigung des Krieges zu bewegen. "Es wird nicht einfach sein, aber mit allem, was den USA zur Verfügung steht, kann er das", betonte er.
Unterdessen hat sich der russische Präsident Putin ebenfalls überraschend geäußert. Er zeigte sich "offen" für eventuelle Gespräche mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump über ein Waffenstillstandsabkommen mit der Ukraine. Wie Reuters mit Berufung auf russische Beamte berichtete, hat Russland dabei jedoch nicht vor, größere territoriale Zugeständnisse zu machen. Weitere Bedingung: Dass die Ukraine auf einen Nato-Beitritt verzichtet.
Mehrere amtierende und ehemalige russische Beamte sagten der Nachrichtenagentur Reuters, dass Moskau "im Großen und Ganzen einem Einfrieren des Konflikts entlang der Frontlinien zustimmen könnte". Was nach keinem besonders großen Zugeständnis klingt, wäre zumindest so etwas wie eine Kehrtwende zu vergangenen Aussagen.
Noch vor wenigen Tagen hatte Putins Sprecher Dmitri Peskow als Reaktion auf einen möglichen Vorschlag der Türkei, den Krieg entlang der derzeitigen Frontlinien einzufrieren, erklärt, dies sei für Moskau "inakzeptabel". Drei von Reuters befragte Quellen sagen nun, dass es unter Umständen aber "Verhandlungsspielraum" über die genaue Aufteilung der vier Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson im Osten des Landes gebe.