Die Tage der rot-grün-roten Koalition sind gezählt. So zumindest macht es den Anschein. Der SPD-Landesvorstand hat bereits zugestimmt, die CDU dürfte folgen. Die Koalitionsverhandlungen könnten also bald starten.
Dass die SPD-Landeschefin und amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey ihren Posten räumen und sich als Juniorpartnerin einer Großen Koalition anschließen würde, kommt für einige überraschend. Vor allem aber, so wirkt es, ist die Ankündigung für viele ein Schock.
Auf den sozialen Medien erklärt Giffey ihren Schritt nun noch einmal öffentlich – neben Verständnis schlägt ihr aber vor allem viel Kritik und Empörung entgegen.
Auf Instagram überrascht die Politikerin ihre Community mit einem handgeschriebenen Zettel. Darauf erklärt sie: Sie mache das für Berlin. "Für einen echten Neubeginn darf es kein 'Weiter so' geben.'" Ohne eine gravierende Veränderung im Kurs und in der Zusammenarbeit werde es nicht die Veränderung geben, die notwendig sei, um die Stadt voranzubringen.
Dafür, stellt Giffey klar, ist sie auch persönlich bereit, ihren Beitrag zu leisten. Auch, wenn dieser mit dem Verlust ihres Amtes einhergehe. Unter dem Posting sammeln sich viele verständnisvolle Kommentare: Einige sprechen davon, dass diese Entscheidung zeige, dass es noch "Anstand" oder "Mut" in der Politik gebe. Andere erklären, die Entscheidung zeuge von Respekt vor dem Wähler:innenwillen. Für so manche:n ist der handgeschriebene Zettel aber wohl vor allem eines: "Peinlich".
Weniger gut kommt ein langer Erklärungs-Thread an, den Giffey auf Twitter veröffentlichte. Darin erklärt sie, dass dem Verlust von 250.000 Stimmen, den die bisherige Koalition erlitten hat, und dem klaren Sieg der CDU Rechnung getragen werden müsse. "Die Berliner:innen wünschen sich ein Bündnis, das die funktionierende Stadt, Wohnungsbau, Verkehr und innere Sicherheit zur Priorität macht", schreibt Giffey.
Dieses Bündnis müsse pragmatisch und lösungsorientiert zusammenarbeiten. Und genau für diesen Umgang habe sie in den Sondierungsgesprächen mit der CDU eine Basis gesehen. Es gehe darum, die Stadt in den kommenden drei Jahren voranzubringen. Und nicht nur das: Giffey gehe es auch darum, das Vertrauen in die Berliner Sozialdemokratie zurück zu erarbeiten.
Unter dem Thread hagelt es Kritik: "Was ist eigentlich mit Respekt vor dem Wahlergebnis beim Volksentscheid dw enteignen", fragt eine Userin. Am Tag der Bundestags- und Berlinwahl 2021 hatten die Berliner:innen auch einen Volksentscheid in der Wahlkabine liegen. Sie durften abstimmen, ob die Wohnungsbaugesellschaft "Deutsche Wohnen" enteignet werden soll. Die Mehrheit votierte dafür. Umgesetzt hat die rot-grün-rote Koalition das Volksbegehren trotzdem nicht.
Ein:e andere:r User:in spekuliert, ob Giffey sich selbst noch von ihrer Entscheidung überzeugen müsse – und verweist auf die Blockade-Macht, die die Union fortan im Bundesrat haben wird. Dort sind nämlich die regierenden Parteien der Länder vertreten. Das Gremium hat die Macht, einige Entscheidungen des Bundestages zu bestätigen oder abzulehnen. Zumindest dann, wenn es sich um zustimmungspflichtige Gesetze handelt.
Andere sticheln: "Ihr spürt doch gar nichts mehr." "Wie kann man nur", "weg mit dir". Und so manche:r sieht in der Entscheidung den Sargnagel der SPD.