Bier, Dirndl, Lederhosen, Riesenrad und viel Politik. Auf dem Volksfest Gillamoos in Bayern geht es feuchtfröhlich zu, dabei wird es alljährlich zur Bühne der Bundes- und Landespolitik. In fünf Wochen ist Landtagswahl in Bayern – die heiße Phase des Wahlkampfs hat begonnen.
Bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder will im Amt bleiben. Doch jüngst sorgte die Flugblatt-Affäre um den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für Ärger. In seiner Jugend soll er wohl etwas mit einem antisemitischen Flugblatt an seiner Schule zu tun gehabt haben.
Trotz der Vorwürfe hält Söder an seinem Stellvertreter Aiwanger fest – wofür es Kritik hagelt. Auch auf dem Volksfest Gillamoos scheidet der Skandal die Geister.
Der Journalist Julius Böhm ist vor Ort und berichtet auf X, ehemals Twitter, dass die Schlange vor dem "Aiwanger-Stadl" besonders lang seien. "Die Umfragewerte der Parteien spiegeln sich in der Frühbesetzung der Festzelte", schreibt er. "Hubert, Hubert", mit Applaus und Jubel wird Aiwanger schließlich in dem überfüllten Bierzelt gefeiert.
Allerdings geht Aiwanger bei seiner umjubelten Rede gar nicht auf das Thema ein. Wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober attackiert er vor allem die Ampel-Parteien in Berlin.
CDU-Chef Friedrich Merz sendet unterdessen lobende Worte an Bayerns Ministerpräsidenten. Söder habe in den vergangenen Tagen eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt, und die habe er bravourös gelöst, sagt Merz beim gemeinsamen Bierzelt-Auftritt mit Söder in Abensberg: "Sehr gut, genauso war's richtig, das so zu machen." Söder indes schwieg in seiner Rede zur Causa Aiwanger.
Dafür attackierten Merz und Söder in ihren Reden die Ampel-Regierung zur Halbzeit der Legislaturperiode mit scharfen Worten. "Deutschland hat eine solche Bundesregierung nicht verdient. Wir sind entschlossen, es spätestens in zwei Jahren besser zu machen", sagt Merz. Es falle ihnen zunehmend schwer, die Ampel zu kritisieren, "das machen die ja untereinander schon selbst", führt er aus.
Merz warf SPD, Grünen und FDP unter anderem schwere Fehler in der Energie- und in der Migrationspolitik vor. Die Abschaltung dreier funktionierender Atomkraftwerke kritisiert er als "Dämlichkeit" und "Schwachsinn". Auch Söder hält mit seiner Kritik nicht hinter dem Berg.
Laut Söder ist die "Hampel-Ampel" die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte. Es gebe "Woche für Woche Hin und Her", meint er. Nach der Bundestagswahl 2025 werde die Union die Ampel ablösen, prognostiziert Söder optimistisch. "Die Ampel wird das Jahr 2025 nicht mehr erfolgreich als Regierung bestreiten. Die lösen wir gemeinsam ab."
Und die Ampel? Diese hebt die Flugblatt-Affäre auf dem Volksfest hervor.
Aiwanger verhalte sich unanständig, kritisiert SPD-Bundeschef Lars Klingbeil. Es würde der politische Diskurs verschoben, "da verschwindet Anstand aus der Politik", führt er aus. Söder wirft er Egoismus vor: "Der guckt nur auf sich selbst, aber nicht auf dieses Bundesland."
"Allein der Anschein von Antisemitismus in der Staatsregierung schadet dem Antrieb unseres Handelns", sagt der Spitzenkandidat der bayerischen Grünen, Ludwig Hartmann. Er betont: "Der Populismus ist der Feind unserer Demokratie."
Vertreter:inen der Freien Wähler sehen das anders und nehmen Aiwanger in Schutz. Der parlamentarische Geschäftsführer, Fabian Mehring, bezeichnet die Vorwürfe als Kampagne "mit dem Ziel, der Ampel den Weg zu bahnen". Die Opposition habe den Vize-Ministerpräsidenten "aus wahltaktischen Gründen in den Dreck ziehen wollen".
(Mit Material der dpa)