Seit dem 1. Juni ist für eine Krankschreibung wieder ein Besuch in der Praxis oder in einer Videosprechstunde nötig.Bild: picture alliance / Zoonar | stockfotos-mg
Deutschland
Deutschlands Hausärzte fordern eine Rückkehr
zur Möglichkeit telefonischer Krankschreibungen. Angesichts
zahlreicher Fälle von Erkältungs- und Corona-Erkrankungen nannte es
der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt,
"ein echtes Ärgernis", dass die Möglichkeit zur telefonischen
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) nicht in die Regelversorgung
übernommen worden sei. "Die Telefon-AU würde für eine echte
Entlastung sorgen", sagte Weigeldt der Deutschen Presse-Agentur in
Berlin.
Ulrich Weigeldt, Vorsitzender Deutscher Hausärzteverband.Bild: picture alliance/dpa / Sina Schuldt
Weigeldt: Besuch in der Praxis oder Videosprechstunde nicht immer nötig
Seit dem 1. Juni müssen Patientinnen und Patienten für eine
Krankschreibung wieder in die Praxis oder in eine Videosprechstunde
gehen. Bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege hatte während
der Corona-Pandemie bis 31. Mai gegolten, dass dies für sieben Tage
auch nach nur telefonischer Rücksprache möglich war.
Weigeldt sagte: "Nicht immer ist eine persönliche Konsultation
mit der Hausärztin oder dem Hausarzt zwingend erforderlich,
beispielsweise bei einem einfachen grippalen Infekt oder auch bei
einem milden Corona-Verlauf." In diesen Fällen würde es sich aus
Sicht des Verbandschefs anbieten, wenn die Hausärztinnen und
Hausärzte die Betroffenen nach telefonischer Konsultation für einige
Tage krankschreiben könnten.
"Die Telefon-AU würde für eine echte Entlastung sorgen"
Ulrich Weigeldt
Beide Seiten würden sich in der Regel seit Langem kennen, sagte
Weigeldt. Missbrauch sei sehr selten. "Stattdessen werden die
Patientinnen und Patienten nun wieder gezwungen, sich krank in die
Praxen zu schleppen, ohne dass das medizinisch zwingend notwendig
ist."
Zuständiges Gremium könnte Sonderregelungen wieder aktivieren
Nach Angaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist eine
Rückkehr zur Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung möglich.
Der Ausschuss ist das Gremium mit Vertreterinnen und Vertretern der
Ärzteschaft, der Krankenkassen und der Krankenhäuser, das über die
Leistungen der gesetzlichen Kassen und Regeln wie bei der
Krankschreibung entscheidet.
"Sollte die Corona-Pandemie erneut stark an Fahrt gewinnen, kann der Gemeinsame Bundesausschuss seine Sonderregelungen (...) wieder aktivieren"
Sprecherin Gemeinsamer Bundesausschuss
In diesem Gremium sei im Frühjahr 2022 intensiv diskutiert
worden, "ob es richtig ist, die bisherigen Sonderreglungen zur
telefonischen Krankschreibung Ende Mai 2022 vorerst auslaufen zu
lassen", sagte eine Sprecherin der dpa. Alle Träger des G-BA und
damit auch die Kassenärztliche Vereinigung als Vertretung der
Ärzteschaft seien sich damals einig gewesen, dass solche Sonderregeln
wegen des damals ruhigeren Pandemie-Geschehens zurückgenommen werden
konnten. Dies sei im Einklang mit Alltagslockerungen erfolgt.
Deutschland steckt mitten in der Sommerwellle.Bild: ZUMA Press Wire / Paulo Lopes
"Sollte die Corona-Pandemie erneut stark an Fahrt gewinnen, kann
der Gemeinsame Bundesausschuss seine Sonderregelungen (...) wieder
aktivieren", sagte die Sprecherin. Dies könne in bestimmten Regionen
oder bei Bedarf auch bundesweit geschehen. Dafür müsste unter anderem
ein Antrag beim Ausschuss gestellt werden. Dieser könnte laut der
G-BA-Sprecherin unter anderem von den Trägern des Ausschusses kommen,
etwa der Kassenärztlichen Vereinigung.
Derzeit ist laut Robert Koch-Institut eine starke Zunahme an
Corona-Infektionsfällen zu beobachten. Es dominiert die
Omikron-Sublinie BA.5. Zudem zeigen Daten und Einschätzungen aus der
Ärzte- und Apothekerschaft, dass es für die Jahreszeit ungewöhnlich
viele Atemwegsinfekte in Deutschland gibt.
(and/dpa)
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