Wegen seiner Russland-Nähe verliert Altkanzler Gerhard Schröder zahlreiche Privilegien.Bild: dpa / Kay Nietfeld
Deutschland
18.05.2022, 12:5019.05.2022, 15:12
Der Bundestag hat Altkanzler Gerhard Schröder einen Teil seiner Sonderrechte als früherer Regierungschef in Deutschland entzogen. Der Haushaltsausschuss beschloss am Donnerstag die Abwicklung seines Büros, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Ausschusskreisen erfuhr. Das verbliebene Personal soll anderweitige Aufgaben übernehmen, hieß es in einem Antrag der Ampel-Koalition, der im Ausschuss eine Mehrheit fand.
Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der Altkanzler aber weiterhin. Die Union hätte dem SPD-Politiker am liebsten auch sein Ruhegehalt gestrichen. Sie warf Schröder unter anderem vor, dem internationalen Ansehen Deutschlands zu schaden.
SPD, Grüne und FDP hatten den Antrag für den Haushaltsausschuss gestellt. Mehrere Medien hatten zuvor darüber berichtet. Lediglich sein Ruhegehalt und den Personenschutz soll Schröder behalten dürfen.
Damit geht die Koalition nicht ganz so weit wie die Union, die Schröder wegen seiner Russland-Kontakte auch noch das Ruhegehalt wegnehmen will. Schröder schade dem internationalen Ansehen Deutschlands, begründet die Union dies. Er habe sich trotz des Ukraine-Kriegs noch immer nicht vom russischen Präsidenten Wladimir Putin distanziert und halte auch an seinen Posten in verschiedenen russischen Energieunternehmen fest.
Altkanzler Gerhard Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin sind seit Jahren enge Freunde.Bild: RIA NOVOSTI / Alexey Nikolsky
Die Ampel-Koalitionäre waren in ihrem Vorschlag vorsichtiger: Sie erwähnen Schröders Haltung zu Russland überhaupt nicht – obwohl sie der wahre Grund für die Kappung sein dürfte. In dem vom Haushaltsausschuss beschlossenen Antrag werden auch Schröders Verbindungen zu russischen Konzernen oder Putin nicht genannt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass dies rechtlich angreifbar wäre. Es soll nicht der Eindruck entstehen, der Altkanzler werde für eine umstrittene Meinung bestraft.
SPD hält Streichung von Schröders Gehalt für "höchst bedenklich"
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, verteidigte das Vorgehen, das Ruhegehalt Schröders unangetastet zu lassen. Beim Gehalt gehe es um Eigentumsansprüche, sagte Mast: "Deswegen ist das höchst bedenklich verfassungsrechtlich."
SPD, Grüne und FDP wollen nun die Alimentierung früherer Bundeskanzler und Bundespräsidenten generell neu regeln. Bisher bekommen ehemalige Staatsgranden nach ihrer Amtszeit nicht nur ein von der Amtsdauer abhängiges Ruhegehalt, sondern auf Lebenszeit auch ein Büro mit mehreren Mitarbeitern, einen Fahrer und eine Erstattung von Reisekosten. Die Koalitionäre wollen diese Ausstattung jetzt davon abhängig machen, ob die früheren Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben übernehmen, also etwa Schirmherrschaften haben und Reden halten.
Privilegien sollen funktions- und nicht statusgebunden sein
Bisher stehen Altbundeskanzler und Altbundeskanzlerinnen ein von ihrer Amtszeit abhängiges Ruhegehalt sowie auf Lebenszeit auch ein Büro mit mehreren Mitarbeitern, ein Fahrer und eine Erstattung von Reisekosten zu. Nun regelt die Ampel-Koalition die Alimentierung früherer Bundeskanzler und Bundespräsidenten generell neu und macht sie davon abhängig, ob die früheren Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben übernehmen, also etwa Schirmherrschaften haben und Reden halten.
Schröder ist nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik Deutschlands."
Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler
Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Danach übernahm er Aufgaben unter anderem für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, die russische Gazprom und den Energiekonzern Rosneft. Weil er sich davon nach Kriegsbeginn nicht distanzierte, forderte ihn die SPD-Spitze zum Parteiaustritt auf. Es gibt auch Anträge auf einen Parteiausschluss.
Die Neuregelungen könnten auch Altkanzlerin Angela Merkel betreffen.Bild: Geisler-Fotopress / Frederic Kern/Geisler-Fotopress
Union will Merkel verschonen, Ampel nicht
Eine so generelle Neuregelung der Ausstattung ehemaliger Kanzler dürfte auch Maßstäbe für Ex-Kanzlerin Angela Merkel und irgendwann auch für Kanzler Olaf Scholz setzen. Merkel hat vor wenigen Monaten erst ihr Altkanzlerinnen-Büro bezogen. Sie bekam neun Mitarbeiter mit Gehältern bis zu 10.000 Euro bewilligt. Das sind zwei mehr als Schröder nach seiner Kanzlerschaft 2005 hatte – und vier mehr als zuletzt für ihn arbeiteten. Der Haushaltsausschuss hatte 2019 zwar entschieden, dass ehemalige Kanzler nur noch fünf Mitarbeiter haben sollten. Das gilt jedoch erst in Zukunft – wenn Scholz nicht mehr im Amt ist.
Während die Koalition bei der Neuregelung alle aktuellen und künftigen Altkanzler einschließt, lag die Union laut dem Tagesspiegel kein Konzept vor, das auch Merkel betreffen würde.
(nik/dpa)
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