In der Debatte um eine allgemeine Impfpflicht zeichnet sich laut Medienberichten ein Abrücken der Ampel-Koalition von einer Verpflichtung für alle Erwachsenen zur Impfung gegen das Coronavirus ab. Deren bisherige Verfechter setzten nun auf eine Impfpflicht nur für die über 50-Jährigen, hieß es am Donnerstag im "Spiegel". Auch die "Bild"-Zeitung berichtete von einem Aus für die Impfpflicht ab 18.
Hintergrund ist den Berichten zufolge, dass keine Einigung mit der Union über eine gemeinsame Lösung in Sicht sei. Besonders die SPD bemüht sich hier seit Tagen um eine Verständigung. Aus SPD-Fraktionskreisen hieß es dazu allerdings am Donnerstag, es gebe keinen neuen Stand. "Die Gespräche laufen weiter und das gar nicht mal schlecht", verlautete in Berlin.
Aus den Reihen der Ampel-Parteien gibt es bislang den auch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sowie großen Teilen der Grünen-Fraktion befürworteten Vorschlag einer Impfpflicht ab 18, für den es aber offensichtlich bislang keine mehrheitliche Unterstützung im Bundestag gibt. Daneben plädiert eine Gruppe von Koalitionsabgeordneten für eine Impfpflicht ab 50 Jahren; vorgeschaltet wäre hier zunächst eine Beratungspflicht.
Die Union hat sich dem von der Koalition gewünschten Verfahren mit fraktionsübergreifenden Gruppenanträgen nicht angeschlossen. Ihr Modell sieht einen Vorratsbeschluss für eine mögliche spätere Impfpflicht sowie den Aufbau eines Impfregisters vor. Teile der FDP und der Linksfraktion wollen keine Impfpflicht, grundsätzlich dagegen ist auch die AfD.
Der Bundestag soll nach den bisherigen Plänen am kommenden Donnerstag über die Gesetzentwürfe abstimmen. Für einen Beschluss ist die einfache Mehrheit der Abgeordneten erforderlich.
Kritisch zur neuesten Entwicklung äußerte sich der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. "Gesetze werden nicht auf Vorrat gemacht", erklärte er in Berlin. "Eine Impfpflicht ist Unsinn, die in einer Beratungspflicht bis zum 15. September mündet." Es solle die weitere Entwicklung der Pandemie abgewartet werden, um dann zu entscheiden, ob die Impfpflicht "ganz abgeblasen" werde.
Nach zwei Wochen läuft am Samstag auch die Übergangsfrist für die breit angelegten Corona-Schutzmaßnahmen im Infektionsschutzgesetz aus. Damit werden künftig die meisten der bisherigen Corona-Eindämmungsmaßnahmen entfallen. Grundsätzlich gilt: Das Gesetz legt nur fest, was die Bundesländer machen dürfen. Konkret umgesetzt werden die Maßnahmen über Verordnungen der Länder.
Spätestens mit dem 2. April entfällt ein Großteil der bisherigen Corona-Maßnahmen, normalerweise ist nur noch ein sogenannter Basisschutz möglich. Dazu gehört eine Maskenpflicht etwa in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie im öffentlichen Nahverkehr. Im Luft- und Personenfernverkehr bleibt die Maskenpflicht bundesweit bestehen. Weiter möglich ist auch eine Testpflicht an Schulen.
Hier wird vom Gesetzgeber im Basisschutz keine Pflicht zum Tragen einer Maske mehr vorgeschrieben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte angesichts der hohen Infektionszahlen zwar an große Supermarktketten appelliert, eine solche Pflicht per Hausrecht durchzusetzen. Dies lehnten die Firmen aber ebenso wie andere große Handelsketten wie Ikea oder C&A ab.
(and/afp)