Bild: Emmanuele Contini/imago
Deutschland
Ein Buch, das für eine Politikerin erstaunlich offen ist: Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht gewährt in
einer Biografie, die an diesem Donnerstag erscheint, tiefe Einblicke in die Beweggründe für ihren Rückzug
aus der ersten Reihe.
- Wagenknecht hatte wegen Burn-out Anfang des Jahres eine Auszeit genommen und dann angekündigt, nicht erneut als Fraktionsvorsitzende zu kandidieren.
- Die Auszeit sei ihr vom Arzt verordnet worden, Wagenknecht habe in dieser Zeit sogar darauf verzichtet, ihre Emails zu lesen, schreibt Autor Christian Schneider in dem Buch "Sahra Wagenknecht - Die Biografie".
Dem Verlag zufolge gewährte die Fraktionschefin dem Autor Zugang zu
ihrem engstem Kreis, unter anderem zu ihrer Mutter – was sie der
Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Während der Krankheit und
Zwangspause von der Politik seien Wagenknecht auch die Grenzen ihrer
politischen Fähigkeiten bewusst geworden.
Sie könne Menschen
gewinnen, aber letztlich sei ihr das politische Handwerk fremd,
zitiert Schneider die 50-Jährige. "Also, den Apparat zu beherrschen,
das liegt mir nicht. Die Fraktion zu führen, das macht eigentlich
Dietmar Bartsch. Und das gehört ja eigentlich zur Politik: Leute
zusammenholen, zu strukturieren, mit Leuten umzugehen."
Wagenknecht: Eigentlich gar keine Politikerin – meint ihre Mutter
Eigentlich sei sie gar keine Politikerin, wird Wagenknechts Mutter in
der Biografie zitiert. Diese Einschätzung teile auch ihr Ehepartner
Oskar Lafontaine (Linke) "in mancher Hinsicht", heißt es. "Für ihn
ist sie das klassische Einzelkind mit der hohen Intelligenz und den
vielfältigen intellektuellen Begabungen, "keine Rudelführerin" - eine
Fähigkeit, die für ihn unverzichtbar im politischen Geschäft ist",
schreibt der Autor.
Eine Einzelkämpferin war Wagenknecht schon als Kind, auch weil sie
ausgegrenzt wurde wegen ihres Aussehens. Ihr Vater war iranischer
Student. Beschrieben werden Situationen aus der Schulzeit: "Von
Mitschülern wird sie gefragt, ob sie denn aus China komme. (...)
Irgendwann antwortet Sahra auf die drängenden Frage nach ihrer
vermeintlich asiatischen Herkunft einfach mit: "Ja". Von da an ist
sie die "Chinesin"."
Aber Wagenknecht wehrt sich auch: "Sie kann die meisten ihrer
Peiniger, auch die Jungs, kräftemäßig durchaus in Schach halten. Bis
in ihr elftes Lebensjahr ist sie (...) stämmig und stark, mit Tendenz
zum Übergewicht. Und wehrhaft (...) Wird sie verhöhnt, angegriffen,
beleidigt, lässt ihre Antwort nicht auf sich warten. Sie prügelt,
kratzt, reißt Haare aus."
Die Zeit der großen Kämpfe in der Politik geht für Wagenknecht
voraussichtlich in diesem Herbst zu Ende. Das Amt als
Co-Fraktionschefin neben Bartsch will sie noch bis zur Neuwahl der
Fraktionsspitze ausüben – das wird voraussichtlich nach der
Landtagswahl in Thüringen Ende Oktober passieren.
(pb/dpa)
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