Bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen kamen CDU und SPD mit einem blauen Auge davon. Und doch rumort es heftig in den beiden Volksparteien. Was ist da los? Die CDU hadert auf Bundesebene mit ihrer neuen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die SPD hat mehrere Vorsitzende verschlissen und sucht nun in einem aufwendigen Verfahren ein neues Duo für die Spitze. Ob die GroKo noch nach Weihnachten existiert? Unklar.
Es gibt also genug Gründe für ZDF-Talkerin Maybrit Illner zu fragen: "Getrieben, gespalten, geschrumpft – CDU und SPD ohne Plan?". Zu diesem Sendungsthema hatte sich Illner am Donnerstagabend die CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer (kurz AKK genannt) und Olaf Scholz eingeladen – Vizekanzler und wohl aussichtsreichster Kandidat auf den SPD-Parteivorsitz .
Die Spitzenpolitiker waren nicht allein: Die Runde ergänzten der "Spiegel"-Journalist Markus Feldenkirchen und die "Welt"-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld. Illner wäre nicht Illner, wenn sie sich nicht auch jemanden für den großen historischen Überblick eingeladen hätte: Diesmal stand der Historiker Andreas Wirsching aus München parat.
Maybrit Illner macht es Kramp-Karrenbauer nicht leicht
Die angeschlagene AKK hatte trotz des Wahlsiegs des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer bei Illner wenig zu lächeln. Die Moderatorin fragte sie zunächst, ob Kretschmer ihr mit seinem Sieg in Sachsen den Kopf gerettet hätte. Die Parteichefin und Verteidigungsministerin wich aus.
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Es folgte Illners Frage, ob AKK selbst der Sachsen-CDU bei der Landtagswahl überhaupt hilfreich gewesen sei. AKK erklärte, Kretschmer habe nach seinem Wahlerfolg der Bundespartei gedankt – das schließe sie ja wohl ein. Bei dieser Deutung musste ihr Kabinettskollege Scholz lächeln.
Die CDU-Chefin gerät im ZDF-Talk unter Beschuss
Illner zitierte eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen, wonach 71 Prozent der Deutschen glauben, dass AKK die CDU nicht erfolgreich in die Zukunft führen würde – 57 Prozent der CDU-Anhänger teilen demnach diese Auffassung. Illner: "Sind Sie noch die Hoffnung der CDU?"
AKK versuchte, ihren internen Vertrauensverlust umzudeuten: "Prädikate überlasse ich anderen. Das ist ein Ausdruck der Tatsache, dass wir mitten in der Erneuerung stehen." Die Journalistin Rosenfeld attestierte AKK "ein wahnsinniges Kommunikationsproblem".
Kramp-Karrenbauer, so die Journalistin, sei in einer komplizierten Lage: "Sie konnte parteiintern viel tun, die eigentlichen Entscheidungen aber hat weiterhin Angela Merkel als Kanzlerin getroffen." Der "Spiegel"-Journalist Feldenkirchen diagnostizierte bei der CDU einen "Burnout". Das ungeliebte Bündnis von CDU und SPD sei der eigentliche Kern der Schwäche der beiden Parteien.
CDU-Chefin AKK mit großem Monolog im ZDF
Dann wurde es grundsätzlich: Illner erklärte den schweren Stand von Bundeskanzlerin Angela Merkel in den konservativen Kreisen der CDU. Illner fragte AKK: "Was bieten Sie diesen an?"
Kramp-Karrenbauer suchte nach dem Befreiungsschlag, und schwang sich zu einem großen Monolog auf:
"Wenn konservativ bedeutet, zu sagen, dass jemand, der hart arbeitet, von diesem Gehalt auch seine Familie ernähren soll und wir deshalb einen Mindestlohn brauchen, dann bin ich konservativ. Wenn konservativ bedeutet, eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu machen, damit Familien auch Zeit haben für ihre Kinder, dann bin ich konservativ. Wenn konservativ bedeutet, dass wir einen Staat haben, der die Sicherheit gewährleistet, der Recht schützt, der sich aber nicht auf der Nase herumtanzen lässt, dann bin ich konservativ. Und wenn konservativ bedeutet, dass ich mich für den Frieden in der Welt einsetze, aber nicht glaube, dass es nur mit guten Worten geht, sondern dass wir auch eine einsatzfähige Bundeswehr brauchen, dann bin ich konservativ. Und wenn konservativ für manche heißt, dass es reaktionär, oder rechts oder gar rechtsextrem, dann bin ich alles, aber nicht konservativ."
Der Historiker Andreas Wirsching war wachgeblieben – und führte sie mit nur einem Satz vor: "Das ist auch ein gutes sozialdemokratisches Programm."
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SPD-Finanzminister Scholz lachte, das Publikum lachte – für diese schnelle Zusammenfassung des CDU-Programms gab es langanhaltenden Applaus im Studio. Immer wieder war der Merkel-CDU in den vergangenen Jahren vorgeworfen worden, Positionen des Koalitionspartners SPD wie etwa die Idee des Mindestlohns zu übernehmen – und als eigene Positionen zu verkaufen.
AKK wehrte sich: "Das sind die Grundwerte der Union." Sichtlich genervt erklärte die Parteichefin: "Wenn wir diese Antworten nicht gegeben hätten, dann stände die CDU nicht einmal mehr da, wo sie heute steht. Das ist eine Fortentwicklung, die man machen muss. Wenn sich Menschen verändern, dann verändert sich Politik, und dann verändern sich Parteien auch mit – wenn sie intelligent sind."
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