
Sie ist AfD pur. Sagt sie selbst.bild: imago
Deutschland
04.04.2019, 15:2604.04.2019, 17:13
Die AfD-Politikerin Mariana Harder-Kühnel ist auch im dritten Anlauf bei der Wahl zur Vizepräsidentin des Bundestags durchgefallen. Und zwar krachend.
Auf die hessische Abgeordnete entfielen bei der Abstimmung am Donnerstag in Berlin nur 199 Ja-Stimmen. 423 Abgeordnete stimmten mit Nein, 43 enthielten sich.
- Harder-Kühnel hatte im ersten Wahlgang am 29. November in geheimer Abstimmung 223 von 654 abgegebenen Stimmen erhalten. 387 Abgeordnete votierten gegen sie. Bei der zweiten Abstimmung am 13. Dezember stimmten 241 Abgeordnete für und 377 gegen sie, 41 enthielten sich. Das reichte wieder nicht.
- Im dritten Wahlgang hätte es jetzt gereicht, wenn sie mehr Ja- als Nein-Stimmen erhalten hätte. Aber weit gefehlt.
Die AfD motzt
Die AfD hält die Nicht-Wahl ihrer Kandidatin für undemokratisch. Alexander Gauland teilte am späten Donnerstagnachmittag mit, dass die AfD künftig bei jeder weiteren Möglichkeit einen Bundestagsvizepräsidenten-Kandidaten vorstellen werde. Das habe die Partei in einer Sitzung einstimmig beschlossen.
Wer ist AfD-Politikerin Harder-Kühnel?
Die 44-Jährige ist Volljuristin und vertritt den Wahlkreis Main-Kinzig-Wetterau II-Schotten, der an Frankfurt angrenzt. Sie war Spitzenkandidatin der AfD in Hessen. Die Mutter von drei Kindern zählt zu den politisch und im Ton eher moderaten Mitgliedern der AfD-Bundestagsfraktion. Krawalliges Auftreten, wie es manche in ihrer Partei an den Tag legen, ist ihr fremd. Harder-Kühnel steht für eine sehr konservative Familienpolitik. Kindergeldzahlungen für Kinder, die im Ausland leben, lehnt sie ab. Sie warnt: "Wir wollen bei den Frauen das Bewusstsein wecken, dass ihre über Jahrhunderte erkämpften Freiheiten und Rechte durch die Zuwanderung von Menschen aus Kulturkreisen, in denen teilweise archaische Vorstellungen von der Rolle der Frau herrschen, in Gefahr sind." Als eine der 62 Schriftführer des Bundestags hat Harder-Kühnel in den vergangenen Monaten Erfahrungen darin gesammelt, was es heißt, an der Seite des jeweiligen Präsidenten die Plenarsitzungen zu leiten. Nie habe es Zweifel an ihrer Neutralität und Beanstandungen gegeben, sagt sie. Dass sie im Fall ihrer Wahl zur Vizepräsidentin unter verschärfter Beobachtung aller anderen Fraktionen stünde, ist ihr bewusst. Sie weiß aber auch, dass sie mit Entscheidungen wie etwa dem Verhängen von Ordnungsrufen in der eigenen Fraktion ebenfalls anecken könnte.
Wie geht es jetzt weiter?
Nach drei Niederlagen darf sich Harder-Kühnel nur dann ein viertes Mal zur Wahl stellen, wenn zuvor der Ältestenrat des Bundestags zustimmt. Die AfD könnte aber auch einen neuen Bewerber ins Rennen schicken
Die AfD beharrt darauf, dass ihr als größter Oppositionspartei ein Vizepräsidentenposten zusteht. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Bernd Baumann hatte das Verhalten der anderen Fraktionen vor der Abstimmung als "Affentheater" bezeichnet.
Zu Beginn der Wahlperiode hatten die anderen Fraktionen bereits den AfD-Abgeordneten Albrecht Glaser in drei Wahlgängen durchfallen lassen.
In Portugal feiert die rechte Protestpartei Chega ein Rekordergebnis, in Rumänien verliert der ultrarechte Simion gegen einen proeuropäischen Kandidaten – und in Polen steht eine Richtungswahl bevor. Europas Wähler:innen schicken gemischte Signale.
Der Rechtsrutsch in Europa zeigt sich nicht nur durch das Erstarken der rechtsextremen AfD in Deutschland, dem historischen Erfolg der rechtspopulistischen Partei Chega in Portugal und der Stichwahl in Polen, bei der die Stimmen der extremen Rechten entscheidend sein könnten. Die politische Richtung scheint klar – doch aktuelle Wahlergebnisse erzählen eine andere Geschichte.