Nach etwa einer Stunde rollt Robert Habeck mit den Augen. Mit verschränkten Armen und einem leicht süffisanten Lächeln sitzt der Kanzlerkandidat der Grünen in der Berliner Runde am Sonntagabend und hört der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel zu, wie sie sich ein ums andere Mal um die eigentlich recht simple Frage von ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten zum Krieg in der Ukraine wendet: "Wo sehen Sie den Aggressor? Sollen wir fähig sein, uns vor Russland zu verteidigen?"
Weidel, mit dem historisch besten AfD-Ergebnis von 20,8 Prozent im Rücken, führt erst einmal an, dass ja das grundsätzliche Problem, "was hier völlig ausgelassen wurde", sei, dass Deutschland und Europa international nicht mehr ernst genommen werden. Deswegen sitze man auch nicht mehr im "driver seat", am Verhandlungstisch.
Schausten bemerkt, dass das ja nun nicht die Frage gewesen ist, worauf die AfD-Chefin noch eine Runde dreht. Sie sagt, man müsse mit allen auskommen, mit den USA, mit Russland, mit der Ukraine und China. Und schließlich auf die abermalige Nachfrage, ob Weidel Donald Trump zustimmt, wenn er die Ukraine für den russischen Angriff verantwortlich macht, sagt sie:
Per se sei das ein völkerrechtswidriger Angriff gewesen, nur die Schuldfrage wurde "von Anfang an viel zu einseitig gestellt". (Robert Habeck seufzt ein müdes "Och") "Ich glaube", sagt Weidel weiter, "dass wir nie zu einer guten Lösung kommen, wenn wir die Historie nicht betrachten und unterliegende Faktoren, warum es zu einer Situation überhaupt gekommen ist." Sie hätten sich von Anfang an für Friedensverhandlungen und einen Waffenstillstand eingesetzt.
Und in einem akrobatischen Spagat der diplomatischen Verrenkung sagt Weidel, die neue Bundesregierung müsse nun fähig sein, "mit beiden Seiten" zu verhandeln, ohne dass irgendjemand "das Gesicht verliert".
Robert Habeck jedenfalls hat nun die Fassung verloren und interveniert, dass hier ja Leute zugucken und man solche Aussagen nicht unwidersprochen stehen lassen könne: "Es ist egal, welches Geschichtsverständnis man hat – man überfällt kein Land." Das sei ein Tabubruch ohne gleichen.
Die Ukraine habe Russland nicht bedroht, führt Habeck weiter aus, deswegen sei der Kriegstreiber ganz klar Putin, das könne man auch nicht relativieren.
Und am Ende sagt er, was auch als Fazit zu dem Dilemma der Öffentlich-Rechtlichen im Umgang mit der AfD in Talkshows gelten kann: "Wer auch immer zuhört: Glaubt ihr nicht. Das ist einfach eine Lüge, die hier verbreitet wird."