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Bundestagswahl 2025: Was die Linke nach dem Wahl-Erfolg tun muss

21.02.2025, Berlin: Die Spitzenkandidaten der Partei Die Linke Jan van Aken (l), Bundesvorsitzender, und Heidi Reichinnek, stehen auf der Bühne vor Beginn der Veranstaltung zum Endspurt im Wahlkampf u ...
Die Spitzenkandidaten Jan van Aken und Heidi Reichinnek jubelten über das Ergebnis.Bild: dpa / Carsten Koall
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Wahl-Comeback: Wie sich die Linke jetzt etablieren kann

24.02.2025, 06:09
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Parteien und Politiker:innen haben in den vergangenen Wochen alles gegeben. Nun ist die Wahl vorbei – und einer der großen Gewinner der Wahl 2025 ist Die Linke.

Erleichterter Jubel und Freudentränen bei den Parteimitgliedern.

Die Linke ist innerhalb weniger Wochen von Werten deutlich unter der Fünf-Prozent-Marke in Umfragen klar darüber gestiegen. Zwar wird die Partei wohl nicht an einer Regierung beteiligt sein, doch sie hat es in den Bundestag geschafft. Sie konnte 8,8 Prozent der Stimmen gewinnen. In der Wähler:innengruppe der Unter-25-Jährigen wurde die Linke sogar stärkste Kraft.

"Wir sind als Underdog gestartet und stehen nun stärker da als vorher", sagte der Parteivorsitzende Jan van Aken kurz nach der Verkündung der ersten Prognose. Jetzt stellt sich die Frage: Was muss die Linke tun, um sich weiter zu etablieren und an diesen Erfolg anzuknüpfen?

Linke punktet mit Authentizität – Chance für die Zukunft?

Es war wohl ein Mix aus personellen Veränderungen, strategischer Neuausrichtung und unerwarteten Entwicklungen, die die plötzliche Wende herbeigeführt hat. Dass die Ampel-Regierung scheiterte, bot der Linken eine Gelegenheit, ihr Profil deutlicher zu schärfen.

Im Wahlkampf setzte sie auf Themen, die den Alltag vieler Menschen direkt betreffen: steigende Mieten, soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Unsicherheit.

Besonders junge Leute leiden unter diesen Problemen. Sie müssen sich mit baufälligen Schulen und überfüllten Hochschulen arrangieren und sehen sich mit Mietpreisen konfrontiert, die vielerorts selbst WG-Zimmer unerschwinglich machen. Zusätzlich belasten sie die Bedrohung durch den Klimawandel und globale Krisen. Die Linke trifft mit ihren Kernforderungen – einer Deckelung der Mieten, einem höheren Mindestlohn und einer Besteuerung großer Vermögen – genau diese Sorgen.

Ein bedeutender Faktor für den Wahlerfolg der Linken ist dazu ihre Authentizität, glaubt der Viadrina-Politologe und Experte für europäische Demokratie, Timm Beichelt. "Dass die Linke nun so erfolgreich war, hängt damit zusammen, dass die Partei mit glaubwürdigem Personal aufgetreten ist. Man sieht diesen Politiker:innen an, dass sie zu ihren Werten stehen", sagt er auf watson-Anfrage.

Reichinnek und die "Silberlocken" führten die Linke zum Erfolg

Ein Beispiel für diese Authentizität ist Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek. Mittlerweile gehört sie zu den beliebtesten Personen der Partei. Ihre Leidenschaft für soziale Themen ist unumstritten. Die 36-Jährige steht für vieles, was der Partei in den zurückliegenden Jahren weitgehend fehlte: Frische, Angriffslust, Optimismus. Zudem zeigt sie klare Kante gegen rechts.

Reichinnek ging nach einer gemeinsamen Abstimmung zur Migration von CDU/CSU, FDP und AfD im Bundestag mit einer aufgebrachten Rede viral. Sie konfrontierte Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz, warf ihm vor, sich zum Steigbügelhalter für die AfD zu machen und warnte vor einem Riss in der Brandmauer zur in weiten Teilen rechtsextremen Partei. Es war der erfolgreichste Social-Media-Post einer Partei im Wahlkampf.

Die Debatte über die Brandmauer mobilisierte Tausende, in die Linke einzutreten. Zahlreiche schlossen sich ihr aus Frust über SPD und Grüne an. Der Mitgliederboom half obendrein im Haustürwahlkampf.

Neben Reichinnek gab es noch andere wichtige Akteure: Im November starteten etwa die drei Partei-Urgesteine Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch die "Mission Silberlocke", um mit drei Direktmandaten den Einzug ins Parlament zu sichern. Beim Start lag die Linke in Umfragen noch bei drei Prozent. Die "Silberlocken" waren ein erfolgreicher PR-Schachzug, der die drei Männer zu Tiktok-Stars und die Partei erfolgreicher machte.

Auch sie gelten als äußerst authentisch und konnten so zahlreiche Wähler:innen überzeugen.

Linke muss glaubwürdig bleiben

Dass diese und weitere Akteur:innen der Partei zu ihren Werten stehen, helfe laut des Experten Beichelt künftig zwar nicht, Wähler:innen mit anderen Werten zu überzeugen. "Im links-grünen-pazifistischen Lager allerdings schon", sagt er. Der Politologe sieht hier einen Ansatz für die Linke, um sich weiter zu etablieren: "Wenn die Partei so weitermacht, könnte sie hier Wähler halten und sogar der SPD und den Grünen deren linke Flügel abspenstig machen."

Davon ist auch Co-Parteichefin Ines Schwerdtner überzeugt. Sie sprach vom "Comeback des Jahres" und kündigte an, in den kommenden Jahren auf alle Fälle eine "Brandmauer" gegen rechts sein zu wollen.

Heidi Reichinnek machte ihrerseits noch am Wahlabend klar, dass die Partei für die eigenen Überzeugungen kämpfen werde. Sie versprach am Sonntag in Bezug auf "all die Themen, für die wir Wahlkampf betrieben haben": "Alle wollen regieren, wir wollen verändern. Mit so einer starken Fraktion, lauter und deutlicher als je zuvor."

Die Partei befindet sich also im Angriffsmodus, locker lassen ist demnach keine Option. Ob die Linke diesen Aufwärtstrend jedoch tatsächlich langfristig halten kann, bleibt abzuwarten. Ihre Herausforderung wird es sein, über die aktuellen Erfolge hinaus auch reale politische Veränderungen zu bewirken.

(Mit Material von dpa)

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