Die Union will in einem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur politischen Aufarbeitung des Steuerskandals der Hamburger Warburg-Bank den heutigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) ins Visier nehmen. Zu seiner Rolle als früherer Hamburger Bürgermeister gebe es viele Widersprüche und Ungereimtheiten.
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft habe diese bislang nicht habe ausräumen können, sagte Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. Da die Ampel-Koalition es mehrfach verhindert habe, Scholz vor den Finanzausschuss zu laden, sei ein Untersuchungsausschuss des Bundestags unausweichlich.
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) kündigte an, dass der Untersuchungsausschuss in der ersten Parlamentswoche nach den Osterferien beantragt werden soll. Voraussichtlich könnte er dann noch vor der Sommerpause seine Arbeit aufnehmen.
Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, kündigte bereits an, dass seine Partei den Antrag der Union genau prüfen werde – er aber sehr offen sei, ihn zu unterstützen.
Der ehemalige Linken-Politiker und Finanzexperte Fabio De Masi zeigt sich unterdessen irritiert darüber, dass nun ein U-Ausschuss möglich sei. "Hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben", schreibt er auf Twitter. Für den Ex-Abgeordneten sei es traurig zu sehen, dass er seinerzeit die Warburg-Affäre quasi alleine aufrollen musste – und seine ehemalige Fraktion heute kaum eine Rolle bei dem Thema spiele.
"Dabei hat Herr Merz bei Cum-Ex auch ein paar Leichen im Keller", fährt De Masi fort. Merz war zu der Zeit, in der der "Cum-Ex"-Skandal an die Öffentlichkeit kam, noch Aufsichtsrat bei Blackrock – und auch dort gab es Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Betrug. Wie die Staatsanwaltschaft damals aber klarstellte, habe es keine Ermittlungen wegen oder gegen Merz gegeben.
Trotzdem, De Masi macht deutlich: Es sei gut, dass das Thema nicht einfach abgehakt würde.
De Masi setzt sich seit Jahren mit dem Fall auseinander. Er war Mitglied im Finanzausschuss, vor dem der Bundeskanzler wegen der "Cum-Ex"-Affäre aussagen musste.
Die SPD warf der Union währenddessen vor, aus "parteitaktischen Interessen" einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu wollen. "Das Thema ist parlamentarisch und gesellschaftlich vollumfänglich aufgearbeitet und transparent", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, der Nachrichtenagentur dpa.
Und fuhr fort: "Die Union hat kein Erkenntnisinteresse, sondern folgt parteitaktischen Interessen. Sie bringt Behauptungen vor, die länsgt widerlegt sind." Der 2020 in Hamburg zu dem Thema eingesetzte Untersuchungsausschuss habe alle Fragen geklärt, und es gebe kein neues Erkenntnisinteresse, sagte Mast. "CDU-Chef Friedrich Merz bleibt sich treu: Ihm ist jedes Mittel recht."
Bei "Cum-Ex"-Geschäften wurden Aktienpakete von mehreren Beteiligten rund um den Dividendenstichtag mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her verschoben. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden.
Der Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft befasst sich seit knapp zweieinhalb Jahren mit dem Fall der Warburg Bank und der Rolle führender Hamburger SPD-Politiker. Einen Beweis für eine politische Einflussnahme wurde bislang nicht erbracht.
(Mit Material der dpa)