Der Ukraine-Krieg ist längst ein Drohnen-Krieg. Kleine, oft improvisierte Geräte mit Sprengladung entscheiden an der Front über Fortschritt oder Verluste. Und letztlich über Leben und Tod.
Panzer im Millionenwert werden von Fluggeräten zerstört, die teils nicht mehr kosten als ein gebrauchtes Smartphone. Doch so effektiv diese First-Person-View-Drohnen (FPV) sind, so verletzlich waren sie bislang.
Elektronische Gegenmaßnahmen der russischen Armee konnten viele Modelle stören oder gleich zum Absturz bringen. Eine ukrainische Firma will das nun ändern – mit einer Technologie, die die Spielregeln neu schreiben könnte.
Der Kampf um die Lufthoheit hat sich verändert: Drohnen bestimmen das Tempo, und klassische Abwehrsysteme kommen kaum hinterher. Soldaten an der Front berichten, dass selbst hochgerüstete elektronische Abwehrsysteme oft wirkungslos bleiben. In manchen Fällen sei der einzige Schutz, mit Gewehren oder Schrotflinten auf die Fluggeräte zu schießen – eine Notlösung, die selten Erfolg bringt.
Die Bedeutung dieser Technologie ist enorm. Das Fachmagazin "Army Technology" berichtete, dass Drohnen mittlerweile für bis zu 80 Prozent der russischen Verluste verantwortlich sind. Auf dem Schlachtfeld der Ukraine seien sie "die dominierende Waffe". Auch Zahlen aus Kiew unterstreichen das: Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums wurden allein 2024 mehr als 300.000 Drohnen an die Streitkräfte geliefert.
Viele davon stammen aus kleinen Werkstätten und Start-ups. Ein ganzer Industriezweig ist in kürzester Zeit entstanden.
Das ukrainische Start-up Fold entwickelt nun laut "Business Insider" Drohnen, die nicht per Funk, sondern über Glasfaserkabel gesteuert werden. Diese Kabel sind extrem dünn und leicht. Der Vorteil: Sie sind nahezu immun gegen elektronische Störangriffe.
"Heute hat sich der Krieg verändert", sagt Fold-Mitgründer Volodymyr gegenüber dem Medium. Ziele seien weiter ins Hinterland gerückt, daher müsse auch die Reichweite der Drohnen wachsen. Bisher kamen die Modelle des Unternehmens fünf, 15 oder 25 Kilometer weit. Doch inzwischen sind diese Entfernungen oft nicht mehr genug. "Die Flugweite von zehn bis 15 Kilometern reicht oft nicht aus, um große feindliche Ziele zu zerstören", erklärt Volodymyr.
"Fiber-Optic-Drohnen spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Zerschlagung von Angriffen", betont Volodymyr. Sie könnten russische Panzerkolonnen oder Infanterie schon Dutzende Kilometer vor den ukrainischen Stellungen stoppen, weit außerhalb der Reichweite klassischer Waffen.
Die neue Generation soll bis zu 100 Kilometer schaffen, das ist doppelt so weit wie alle bisherigen Modelle.
Dass so große Entwicklungssprünge möglich sind, zeigten bereits frühere Meldungen: Laut dem ukrainischen Vizepremier Mychajlo Fedorow wurde die Reichweite der Glasfaser-Drohnen in nur drei Monaten von 5 auf 40 Kilometer erhöht, wie er dem "Odessa Journal" sagte. Auch Russland arbeitet an ähnlichen Modellen.
Und US-Experte Samuel Bendett vom Center for Naval Analyses sagte hierzu zum "Guardian": "Es gibt Belege, dass solche Angriffe mit 40 Kilometer langen Kabeln bereits stattfinden."
Doch je länger die Kabel, desto größer die technischen Probleme. Sie können sich verheddern, am Boden reißen oder das Fluggerät durch ihr Gewicht instabil machen. "Längere Kabel erhöhen das Risiko, dass die Drohne unterwegs auf Hindernisse trifft", zitiert "Business Insider" einen ukrainischen Regierungsvertreter.
Außerdem müssen die Geräte robuster gebaut werden, um die Spulen zu tragen. Das macht sie schwerer, teurer und womöglich langsamer.
Die Entwicklung im Drohnen-Krieg zeigt, wie sehr sich das Schlachtfeld verändert hat. Während zu Beginn des Krieges gegnerische Stellungen oft in Sichtweite lagen, trennen heute kilometerweite "graue Zonen" die Armeen. Dort liegen zerstörte Panzer und verlassene Fahrzeuge. Ein Niemandsland, in dem Drohnen dominieren und die es bei Angriffen zu überwinden gilt. Die neuen Drohnen könnten den Effekt verstärken.