Reiche: Fridays For Future attackiert Merz-Ministerin – "Sabotage der Energiewende"
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche (CDU) will die Energiewende effizienter gestalten, um vermeintlich hohe Kosten für Verbraucher:innen, Industrie und öffentliche Haushalte zu vermeiden. Dazu stellte sie am Montag Pläne für die weitere Energiepolitik der Bundesregierung vor, die auf einem Expert:innen-Bericht basieren.
Vor allem eine von Reiche geplante Maßnahme stieß im Nachhinein auf Kritik: Kleine Solaranlagen auf privaten Dächern sollen künftig keine staatliche Förderung bekommen, da sie sich laut Reiche bereits jetzt für Verbraucher:innen rechnen.
Gleichzeitig will Reiche in Zukunft vermehrt auf den Bau von Gaskraftwerken setzen – wofür sie nun deutlich von der Fridays-For-Future-Aktivistin Carla Reemtsma kritisiert wird.
Wirtschaftsministerin Reiche will in Gas investieren
Reiche kündigte am Montag zwar an, an den gesetzlichen Ausbauzielen für erneuerbare Energien – 80 Prozent des deutschen Strombedarfs sollen bis 2030 aus Erneuerbaren kommen und Deutschland bis 2045 klimaneutral sein – festzuhalten. Bei deren Umsetzung solle jedoch unter anderem mehr auf Bezahlbarkeit und Effizienz geachtet werden.
Ein von den Instituten BET und EWI erstellter Monitoringbericht hatte zuvor gezeigt, dass Deutschland bei den Ausbauzielen zwar "on track" sei, man die Kosten jedoch "aus den Augen verloren" habe, wie BET-Geschäftsführer Alexander Kox sagte.
In Reiches Plänen, die zehn "Schlüsselmaßnahmen" beinhalteten und bis Ende des Jahres in Gesetze gegossen werden sollen, spielen vor allem neue Gaskraftwerke eine zentrale Rolle. Diese sind laut Reiche wichtig, um Versorgungssicherheit bei "Dunkelflauten" zu gewährleisten.
Kritisch sieht sie demnach ineffiziente Überkapazitäten und forderte eine räumlich optimierte Steuerung des Ausbaus von Windkraft und Speichern.
Alles in allem also kein Booster für den Ausbau erneuerbarer Energie – im Gegenteil. Fridays-For-Future-Aktivistin Carla Reemtsma wirft Reiche gegenüber watson nun sogar vor, ihre Maßnahmen würden eine "Sabotage der Energiewende" darstellen.
Fridays For Future: Reemtsma wirft Reiche Nähe zu Gasindustrie vor
Reemtsma zufolge würde man sich weiter von "dreckigem Erdgas abhängig" machen, obwohl die "notwendigen Technologien" alle schon bereitstehen würden. Es entspreche dem "Playbook der fossilen Lobby", den Ausbau der erneuerbaren Energien zu erschweren, den Netzausbau zu verlangsamen und "Bürgerinnen und Investoren" zu verunsichern.
Profitieren würden von den neuen Plänen "nur dreckige Konzerne, deren Profite künstlich am Leben erhalten werden". Für Reemtsma gibt es dafür vor allem eine Erklärung:
Vor ihrem Engagement als Bundeswirtschaftsministerin war Reiche Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG, eine Tochtergesellschaft von Eon, die in der Gaswirtschaft tätig ist und unter anderem Gasnetze betreibt.
Reiches Pläne: SPD um Klingbeil übt Kritik
Was Reemtsma vor allem stört: Reiche bremse den Ausbau der Erneuerbaren "entgegen dem Rat der von ihr beauftragten Expert*innen". In dem Gutachten steht unter anderem: "Der Ausbau der erneuerbaren Energieanlagen ist weiterhin in hohem Umfang notwendig, um die Klimaziele zu erreichen."
Die Autor:innen rechnen darin bis 2030 mit einem Stromverbrauch von 600 bis 700 Terawattstunden. Reiche nahm dies zum Anlass, sich eher am unteren Ende dieser Schätzung zu orientieren, wie sie am Montag erklärte. Somit ist damit auch eine niedrigere Menge an aus erneuerbaren Energien produziertem Strom notwendig.
Kritik erhielt Reiche dafür auch aus der eigenen Regierung. So warnte SPD-Fraktionsvize Armand Zorn, bei den Annahmen über den prognostizierten Strombedarf zu konservativ zu sein. "Wir brauchen weiterhin ein Energiesystem, in dem der Ausbau dem Bedarf vorausgeht. Das Energiesystem darf in zehn Jahren nicht die Wachstumsbremse der deutschen Wirtschaft sein."
Auch SPD-Chef, Vize-Kanzler und Finanzminister Lars Klingbeil betonte in einem Interview mit dem Sender Phoenix am Dienstag: "Der Ausbau der Erneuerbaren, der muss uneingeschränkt weitergehen." Die SPD werde "nicht zulassen, dass abgebremst wird".
(mit Material der dpa)