In der Nacht zum Mittwoch ist im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ein Feuer ausgebrochen, das mittlerweile das gesamte Camp vernichtet hat. 12.000 Geflüchtete waren dort untergebracht. Männer, Frauen und Kinder hatten sich in der Nacht auf Feldern und in Olivenhainen in der Nähe in Sicherheit gebracht.
Das Feuer war ausgebrochen, nachdem 35 Bewohner des Lagers positiv auf Corona getestet worden waren. Sehr wahrscheinlich ging die Brandstiftung von Bewohnern des Lagers aus, die wegen ihrem positiven Testbefund in Quarantäne gehen sollten.
Für die 12.000 Bewohner des Lagers fehlt nun jede Infrastruktur zur Unterbringung. Einige sind nach verschiedenen Angaben noch in der Nacht zu Fuß in Richtung des Hafens der Inselhauptstadt Mytilini aufgebrochen.
"Es gibt kein Moria, es ist zerstört worden"
Der stellvertretende Regionalgouverneur Aris Hatzikomninos gegenüber dem Sender ERT.
"Humanitäre Katastrophe"
Politik und Medien zeigen sich bestürzt. Außenminister Heiko Maas sprach von einer "humanitären Katastrophe". Er fordert die Unterstützung der EU und eine Verteilung der Geflüchteten auf aufnahmewillige Mitgliedsländer. Norwegen erklärte sich derweil dazu bereit, 50 Syrer aufzunehmen.
Ganz überraschend kommt der Brand jedoch nicht. Das Lager, das für 2800 Menschen ausgelegt ist, war mit 12.000 Bewohnern komplett überbelegt. Die Zustände vor Ort wurden mehrfach als katastrophal beschrieben. Erst am Dienstag hatten Aktivisten mit einer Aktion vor dem Berliner Reichstag auf die Zustände in dem Flüchtlingslager aufmerksam gemacht und eine sofortige Evakuierung gefordert.
Die knapp 13.000 Stühle repräsentieren die Bewohner Morias. Aktivisten forderten am Dienstag vor dem Reichstag, das Flüchtlingslager zu evakuieren. Bild: www.imago-images.de / Christian Ditsch
"Katastrophe mit Ansage"
Die Grünen-Politikerin und Sprecherin für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg, spricht gegenüber watson daher von einer "Katastrophe mit Ansage".
"Ich bin schockiert von den Bildern des brennenden Camps in Moria! Seit Monaten üben wir Druck auf Union und SPD aus, zu helfen, die Menschen in der EU zu verteilen. Die Bundesregierung hat gezögert und sich hinter der Untätigkeit anderer EU-Mitgliedstaaten versteckt."
Für das Feuer sieht Amtsberg die Verantwortung nicht bei den Geflüchteten vor Ort. Sie macht die Politik der EU und der Mitgliedsstaaten verantwortlich:
"Dass die Menschen nach dem Ausbruch des Coronavirus in Panik geraten, war klar. Schließlich herrschen im Camp seit März Ausgangsbeschränkungen und seit einigen Tagen ein kompletter Lockdown. Die hygienischen und sanitären Umstände sind miserabel, die Menschen konnten sich zu keinem Zeitpunkt ausreichend vor dem Virus schützen. Die Verantwortung hierfür trägt die EU, tragen die Mitgliedsstaaten."
Grünen-Politikerin Luise Amtsberg (r.) demonstrierte noch am Dienstag für eine Aufnahme der Geflüchteten vor dem Reichstag in Berlin.Bild: www.imago-images.de / Christian Spicker
Amtsberg fordert daher, die Geflüchteten an einen anderen Ort zu bringen:
"Wir müssen jetzt helfen, die Menschen zu evakuieren! Deutschland muss sich sofort auf die Aufnahme aus Griechenland vorbereiten. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie unverzüglich Maßnahmen ergreift und Griechenland mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt. Denn es dürften schon jetzt tausende Menschen obdachlos sein. Für sie braucht es jetzt Notunterbringungen und ein Pandemie-Schutzkonzept, um eine zügige Verteilung in die Mitgliedsstaaten zu ermöglichen."
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte am Mittwoch, die EU und ihre Mitgliedstaaten seien zur Hilfe bereit. Priorität für die EU habe der Schutz derjenigen, die durch den Brand ihre Unterkunft verloren hätten.
Innenminister Horst Seehofer erklärte, Griechenland mit allen verfügbaren Mitteln zu unterstützen. Ob und wie eine Verteilung der Geflüchteten auf die Mitgliedsstaaten der EU stattfinden könnte, ist jedoch weiterhin unklar.
Israel marschiert im Libanon ein – Hisbollah zeigt sich kampfbereit
Mit einer in der Nacht gestarteten Bodenoffensive Israels gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon hat die Lage in Nahost eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die israelische Armee sprach von "begrenzten" Angriffen auf Ziele in Grenznähe und nannte diese eine unmittelbare Bedrohung für Gemeinden in Nordisrael. Israels Luftwaffe bombardierte am späten Abend zudem erneut Ziele nahe der libanesischen Hauptstadt Beirut.