Die Europawahl steht bevor. Die Umfragewerte der Grünen dümpeln zwischen 10 und 15 Prozent und ein Rechtsruck droht. Klimaschutz ist bei dieser Wahl nicht das bestimmende Thema.
2019 wurde das Thema Klimakrise im Wahlkampf anders behandelt: Social Media war voll mit Wahlaufrufen unterschiedlichster Klimaschutzorganisationen. Es hat gewirkt. Mit einer Wahlbeteiligung von 61,4 Prozent, haben so viele Menschen abgestimmt wie seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr. Die Grünen waren in Deutschland damals die zweitstärkste Kraft. Von dieser Klima-Euphorie bleibt bei dieser Wahl keine Spur. Die dominierenden Themen: Wirtschaft, Krieg und Sicherheit.
Doch Fridays for Future mobilisieren trotzdem. Zur Einstimmung in die heiße Wahlkampfphase setzen sie Mitte April in Berlin ein Zeichen: "Our World is on fire – use your voice", schrieben die Aktivist:innen auf die Marschallbrücke.
Eines der Hauptthemen der Kampagne von Fridays for Future heute: Die Klimaleugner:innen rechter Parteien. Diese stellen eine Gefahr für alle Errungenschaften dar, die in den letzten Jahren erkämpft wurden. Doch wie kann es sein, dass bei einem deutlichen wissenschaftlichen Konsens immer mehr Menschen die Dringlichkeit des Klimawandels ignorieren – oder gar ablehnen?
Luisa Neubauer, eines der bekanntesten Gesichter der Bewegung, sieht einen Wandel bei den Klimaleugner:innen: "Früher hieß es: Die Wissenschaft lügt. Heute ist Klimaleugnung vor allem Lösungsleugnung". Der menschengemachte Klimawandel wird selbst von rechten Parteien kaum noch infrage gestellt. Stattdessen werde bestritten, dass es noch Hoffnung gibt oder dass individuelles Handeln einen Unterschied machen könne.
Heißt: Diejenigen, die zuvor den Klimawandel geleugnet haben, sabotieren nun die Lösungsfindung. Während einige Klimaschutzgruppen, wie die Letzte Generation, auf diesen Wandel reagieren, indem sie direkt in die Politik gehen, verfolgen Fridays For Future einen anderen Ansatz.
Sie sehen ihre Rolle nicht darin, selbst politische Ämter zu übernehmen. Ihre Aufgabe sei es, die Öffentlichkeit zu mobilisieren und so politische Entscheidungsträger:innen zum Handeln zu zwingen. Luisa Neubauer kritisiert in diesem Zusammenhang ein verbreitetes Missverständnis: "Es ist ein fatales Politikverständnis, wenn Verantwortung nur da gesehen wird, wo Menschen sich auf ein politisches Amt bewerben."
Ihrer Meinung nach liegt echte Verantwortung auch und gerade in der zivilgesellschaftlichen Aktivität. Denn diese präge den öffentlichen Diskurs und übe Druck auf die politischen Strukturen aus. "Wir werden laut und sorgen dafür, dass die politischen Rahmenbedingungen gesetzt werden, damit politische Kandidaten etwas tun können", betont Neubauer.
Es bleibt jedoch wichtig, dass die breite Masse sich politisch engagiert. Im Alleingang könne Fridays For Future die Europawahl nicht retten. Die Demokratie-Demos, bei denen Hunderttausende Menschen vor allem Anfang des Jahres auf die Straßen gingen, zeigten, dass der Wille da ist. Luisa Neubauer sagt dazu: "Menschen sind bereit, sich einzusetzen."
Doch die bevorstehende Europawahl zeichnet ein düsteres Bild. Parteien, die sich wie die Grünen für Klimaschutz einsetzen, verlieren an Relevanz, während rechte Kräfte stärker werden. Ein Rechtsruck steht bevor, der weitreichende Folgen für die Klimapolitik und darüber hinaus haben könnte.
Luisa Neubauer bringt die Dringlichkeit der Situation auf den Punkt: "Wenn wir im Europäischen Parlament die demokratische Mehrheit verlieren, dann gute Nacht. Das wird richtig gefährlich."
Dass Rechtsaußen-Politiker:innen sowohl die Verantwortung für die Vergangenheit, als auch für die Zukunft leugnen, sei laut Neubauer kein Zufall. Sie würden nicht nur Frauen und andere Menschengruppen verachten, sondern auch die Wissenschaft.
Aus diesem Grund rufen Fridays For Future zu einem großangelegten Klimastreik im ganzen Land am 31. Mai vor der Europawahl auf. "Wir haben hier richtig was zu verteidigen – das Klima, die Demokratie."