Es wird sondiert. SPD, Grüne und FDP sprechen miteinander über eine Ampel-Koalition, die Union hofft weiterhin auf ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP. Aber egal wer am Ende an der Macht ist, eins ist klar: Die neue Regierung wird vor vielen großen Aufgaben stehen. Wenn es nach Wählerinnen und Wählern geht, sollte sich die Regierung zuerst um die Themen Rente, Klima und soziale Gerechtigkeit kümmern. Das ergibt eine exklusive Umfrage, die das Meinungsforschungsunternehmen Civey im Auftrag von watson durchgeführt hat.
Als ähnlich dringlich werden Reformen im Bildungssystem und eine beschleunigte Digitalisierung angesehen. Weniger wichtig sind der Bevölkerung laut der Umfrage die Rolle Deutschlands in der Welt und der Kampf gegen Diskriminierung.
An der Umfrage, die zwischen dem 6. Oktober und dem 8. Oktober durchgeführt wurde, haben 5.014 Menschen teilgenommen. Sie sollten angeben, in welchen drei Bereichen die Bundesregierung ihrer Meinung nach die wichtigsten Veränderungen angehen sollte.
Eine Auffälligkeit ist, dass gerade junge Menschen eine Reform des Rentensystems für einen der wichtigsten Punkte erachten – das gaben 46 Prozent der 18- bis 29-Jährigen an. Bei den 30- bis 39-Jährigen waren es nur 40 Prozent. Diese Altersgruppe legte stattdessen mehr Wert auf Digitalisierung.
Abgesehen von der Rentenfrage, bei der die Gruppe zwischen 30- und 39-Jahren ausreist, fällt auf, dass die Gewichtung der jeweiligen Altersgruppen ähnlich ist. Außer bei der Wichtigkeit von Deutschlands Rolle in der Welt – die ist 16 Prozent der 18- bis 29-Jährigen wichtig. Aber nur 9 Prozent der 40- bis 49-Jährigen. Bei der Altersgruppe darüber liegt der Anteil zwischen 10 und 12 Prozent.
Interessant ist zudem ein Blick auf die unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Parteianhänger: Da fällt auf, dass 92 Prozent der Grünen die Klimapolitik das wichtigste Anliegen ist. An und für sich wenig überraschend. So viel Einigkeit gibt es bei den anderen Parteien trotzdem nicht.
Ebenfalls auffällig ist, dass sowohl den Anhängern der Union (22 Prozent) als auch der FDP (17 Prozent) Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit weniger wichtig sind als denen anderer Parteien. Die Top-3-Ziele unter den Anhängern der Liberalen: Entwicklung Deutschlands in der Welt (55 Prozent), Rentensystem (55 Prozent) und Bildungspolitik (52 Prozent). Bei der Union: Entwicklung Deutschlands in der Welt (56 Prozent), Rentensystem (51 Prozent) und Digitalisierung (45 Prozent).
Den Anhängern von SPD und Linken ist vor allem die soziale Gerechtigkeit das wichtigste Anliegen (SPD 68 Prozent; Linke 87 Prozent). Das dominierende Thema bei den Wählern der AfD: das Rentensystem mit 70 Prozent Zustimmungswerten.
Unterschiede lassen sich auch zwischen den Geschlechtern erkennen: Zwar ist Frauen wie Männern die Klimapolitik (45 Prozent), das Rentensystem (50 Prozent) und soziale Gerechtigkeit (Frauen: 49 Prozent; Männer: 46 Prozent) wichtig. Bei Digitalisierung und Bildung sind sie sich allerdings uneinig: Für 41 Prozent der Frauen ist die Bildungspolitik ein entscheidender Faktor, bei den Männern sind es 34 Prozent. Bei der Digitalisierung ist es geradezu andersherum: 42 Prozent der Männer sehen sie als besonders wichtig an, aber nur 35 Prozent der Frauen.
Auch die Art der Beschäftigung beeinflusst die Gewichtung der Themengebiete: So ist Arbeitnehmern (52 Prozent) und Selbstständigen (45 Prozent) das Thema Rentensystem beispielsweise sehr viel wichtiger als Studierenden (35 Prozent). Für Arbeitslose und nicht Erwerbstätige (57 Prozent) ist das Thema soziale Gerechtigkeit wiederum sehr viel wichtiger als für Selbstständige (35 Prozent).
Unterschiede gibt es auch zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland. Das Ranking der Befragten aus den Ostbundesländern: Rentensystem (55 Prozent), soziale Gerechtigkeit (51 Prozent) und Bildungspolitik (44 Prozent). Die Top 3 der westdeutschen Befragten: Klimapolitik (49 Prozent), Rentensystem (49 Prozent) und soziale Gerechtigkeit (46 Prozent).
Damit gewichten die westdeutschen Befragten die Themen, in denen sie sich die meisten Veränderungen wünschen, wie der bundesweite Schnitt.