Nach der Kritik an der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock solidarisieren sich Politikerinnen und Politiker aus anderen Parteien mit ihr. Baerbock hatte es versäumt, Einnahmen beim Bundestag anzugeben. Außerdem hatte sie einige Ungenauigkeiten in ihrem offiziellen Lebenslauf für die sie sich später entschuldigte – und erklärte: "Das war Mist."
Trotzdem hält die Kritik an Baerbock an: Einige Stimmen erkennen hierbei eine Unverhältnismäßigkeit, die darin begründet sei, dass Baerbock weiblich ist.
Unter ihnen ist auch SPD-Politikerin Sawsan Chebli. Gegenüber watson erklärt sie:
"Unabhängig von den Fehlern, die sie gemacht hat, sehen wir am Beispiel von Annalena Baerbock sehr klar, dass Frauen in der Politik an anderen Maßstäben gemessen werden als ihre männlichen Kollegen. Wenn ein Mann nach Macht strebt und ein hohes Amt bekleiden möchte, gilt dies als selbstverständlich. Tut es eine Frau, muss sie sich rechtfertigen und erklären, wie sie Mutter und gleichzeitig Kanzlerin sein will. Sie wird mit misogynem Hass, mit Sexismus und Hetze überhäuft. Auch der permanente Vorwurf inhaltsleer zu sein, begegnet vor allem jungen Frauen in der Politik häufiger als Männern. Politik ist ein hartes Geschäft und klar, auch Männer müssen sich erklären, wenn sie Fehler machen, Frauen wird jedoch sofort jede Kompetenz abgesprochen. Da ist ein weiter Weg zu gehen bis es selbstverständlich ist, dass auch Frauen für sich Macht in Anspruch nehmen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns untereinander solidarisch zeigen - unabhängig von politischer Couleur. Und ich würde mir wünschen, dass noch mehr Männer mitziehen."
Chebli war in der Vergangenheit selbst häufig Ziel von frauenfeindlichen Attacken geworden. Die SPD-Politikerin thematisiert diese öffentlich und geht auch entschieden dagegen vor. So klagte Chebli erst vor kurzem gegen sexistische Beleidigungen des Online-Mediums "Tichys Einblick" und erwirkte vor Gericht eine Unterlassungserklärung.
Der Hintergrund: Selbstkritik und Attacken politischer Gegner
Hintergrund von Cheblis Solidaritätserklärung sind politischen Attacken der vergangenen Wochen auf Baerbock. Nach Baerbocks Nominierung im April hatten sich die Grünen zunächst über ein Umfragehoch freuen können. Doch dann belasteten eigene Fehler die Partei.
Zuerst wurde bekannt, dass Baerbock dem Bundestag Sonderzahlungen nachmeldete. Dann gab es Kritik, weil sie und ihre Partei mehrmals irreführende Angaben im Lebenslauf von Baerbock korrigieren mussten.
Ende vergangener Woche hatte zudem die Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in gedruckten Ausgaben und auf Websites deutscher Tageszeitungen Anzeigen gegen das Wahlprogramm der Grünen geschaltet. Die Kampagne zeigt das Gesicht der Grünen-Vorsitzenden und designierten Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, das auf einen Körper im Moses-Gewand retuschiert ist, der zwei Steintafeln mit zehn Geboten hält. Je nach Anzeigen-Version ist das Bild versehen mit Slogans wie "Warum wir keine Staatsreligion brauchen" oder "Warum uns grüne Verbote nicht ins Gelobte Land führen".
Am Wochende stärkten dann die Delegierten auf dem Grünen-Parteitag Baerbock den Rücken: Sie bestätigten die Parteichefin am Samstag mit überwältigender Mehrheit als Kanzlerkandidatin, ebenso wie das Wahlkampf-Spitzenduo aus ihr und Co-Parteichef Robert Habeck. Über Kanzlerkandidatur und Spitzenduo wurde in einer einzigen Abstimmung entschieden. Rund 98,5 Prozent der Delegierten votierten dafür.
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