Die Vereinigten Staaten von Amerika haben gewählt: Entgegen der Prognosen konnten Trumps Republikaner nicht überall abräumen. Bild: AP / Rebecca Blackwell
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Der große Knall, so macht es den Anschein, ist ausgeblieben. Die Republikaner haben bei den Midterm-Wahlen nicht so abgeräumt, wie sie es sich erhofft hatten. Präsident Joe Biden und seine Demokraten stehen nicht so schlecht da, wie sie es befürchtet haben. Gerade die jüngeren Wähler:innen dürften an diesem Wahlausgang ihren Anteil gehabt haben.
Wie blicken junge deutsche Politiker:innen auf die Wahlen in den USA? watson hat bei den Jugendorganisationen der Parteien nachgefragt.
Manon Luther (Jusos): Prekäre Lage für die Demokratie
Obwohl die Ergebnisse der Midterms weniger dramatisch seien als befürchtet, befinde sich die US-amerikanische-Demokratie in einer prekären Lage, meint Manon Luther. Sie ist die stellvertretende Vorsitzende der Jungsozialist:innen (Jusos). Die Gefahr von Rechts sei in den Vereinigten Staaten weiterhin groß.
Sie führt aus:
"Wir haben gesehen, dass sich eine Vielzahl der sehr radikalen Kandidat:innen von Donald Trump nicht durchsetzen konnten. Wir können nur hoffen, dass das Kapitel Trump damit ein für alle Mal abgeschlossen ist."
Für viele Frauen, meint Luther, war die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zum Recht auf Abtreibung wahlentscheidend. Ein Thema, das auch für die Jusos wichtig sei. Luther sagt:
"Zu Frauenrechten gehört eben auch die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, was mit dem eigenen Körper passiert. Genau diese Rechte stehen aber nicht nur in den Vereinigten Staaten unter Beschuss durch Konservative und Rechte."
Die Jungsozialistin stellt klar: Auch in Europa müssten wir uns dieser Gefahr bewusst werden – und die Rechte verteidigen und ausbauen.
Die Jusos hoffen auf möglichst wenige Republikaner im Senat und im Kongress.Bild: imago images/ Jim Rassol
Um die Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen einschätzen zu können, müsse das finale Wahlergebnis abgewartet werden. Luther prognostiziert allerdings:
"Die Zusammenarbeit ist dann umso besser, wenn die Republikaner so schwach wie nur möglich sind. Wir brauchen Vereinigte Staaten, auf die wir uns in Fragen von internationaler Solidarität, internationalem Recht und dem Bekenntnis zu Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit verlassen können."
Julian Graack (Julis): Gen Z muss ihre Macht nutzen
Auch Julian Graack meint, dass das vorläufige Ergebnis eine beruhigende Nachricht für die Vereinigten Staaten ist. Graack ist Mitglied im Bundesvorstand der Jungen Liberalen (Julis) und dort der International Officer. Graack führt aus:
"Der Realitäten verdrehende Machtapparat um Trump hat seine Wahlziele teils krachend verfehlt. Gleichzeitig ist eine mögliche Übernahme des Repräsentantenhauses durch die Republikaner wahrscheinlich."
Und diese Übernahme könnte nicht nur für die angestrebten Reformpakete des demokratischen Präsidenten gefährlich werden, sondern auch für die Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren. Denn bisher sieht es so aus, als könnte Trump dort wieder kandidieren wollen. Das wäre ein herber Rückschlag für die Demokratie in den USA, aber auch die ganze Welt, ist sich der Juli sicher.
Julian Graack ist Teil des Juli-Bundesvorstandes.bild: Johannes Hoehr
Trotz allem sei es positiv zu bewerten, dass sich gerade junge Amerikaner:innen gegen die Unterstützer:innen Donald Trumps ausgesprochen hätten. Graack sagt:
"Es ist sehr wichtig, dass die Generation Z in den USA sich ihrer eigenen Macht gerade bei zunehmend knappen Wahlergebnissen bewusst wird und diese auch nutzt, um eigene Schwerpunkte wie beim Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu platzieren."
Kurzfristig, meint der Juli, könne das Ergebnis Stabilität für die deutsch-amerikanischen Beziehungen schaffen. "Langfristig blicken aber bereits jetzt alle auf die US-Wahlen 2024. Das ist auch gut so", meint Gaack. Gerade in Bezug auf die Ukraine sei die kurzfristige Stabilität besonders wichtig. Sie erlaube Biden weiterhin, seine "kompromisslose Linie von Solidarität und Unterstützung fortzuführen".
Für die Ukraine hätte ein Erdrutschsieg der Republikaner verheerend sein können. Bild: AP / Roman Chop
Gaack räumt ein:
"Für Deutschland und Europa ist das Ergebnis insofern eine Bestätigung für das Vorhaben, die strategische Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten zu stärken, um gleichzeitig die transatlantischen Beziehungen auf Augenhöhe auszubauen und zu vertiefen."
Die Jungen Liberalen seien davon überzeugt, dass es nun vermehrt Ansätze für die transatlantische Zusammenarbeit brauche. Graack fordert zum Beispiel einen neuen Aufschlag für ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA.
Linksjugend: Großer Zuspruch für rechte Narrative
Für die Linksjugend ist klar: "Trotz des vermeintlichen Ausbleibens einer befürchteten roten Welle zeigen die Midterms, dass rechte Narrative Zustimmung in großen Teilen der US-Bevölkerung finden."
Die Republikaner hätten vor allem von sozialen Krisen der Vergangenheit und dem wachsenden Einfluss von Evangelikalen und ähnlichen religiösen Gruppen auf die US-Politik profitiert. Ein neoliberales "weiter so" könne den Herausforderungen, vor denen die US-Gesellschaft nun stehe, nicht gerecht werden.
Dio Kunz, Bundessprecher von Solid führt aus:
"Bei einer so großen Zustimmung für eine Partei, die offen rechtsradikale Positionen vertritt, kann von einem 'guten Tag für die Demokratie', wie US-Präsident Joe Biden es formulierte, nicht die Rede sein."
Die aktuelle Lage, in der sich Joe Biden und dessen Partei befinden, lässt Kunz nicht daran glauben, dass der Präsident seine Wahlkampfversprechen halten wird. "Zu stark sind die Republikaner:innen weiterhin in beiden Häusern vertreten", meint er.
Für Joe Biden und seine Demokraten ging die Wahl weniger schlecht aus, als erwartet.Bild: IMAGO/Ken Cedeno - Pool
Kunz Bundessprecher:innen-Kollegin July Kölbel räumt allerdings ein, weiterhin darauf zu hoffen, dass Joe Biden sein Versprechen in Bezug auf das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche einhält. Sie sagt:
"Wenn die sozialen Probleme, welche einen maßgeblichen Beitrag zu den Wahlerfolgen der Republikaner leisten, nicht angegangen werden, werden diese Midterms nicht das letzte Mal sein, dass sich das Schicksal der US-Demokratie an der Wahlurne entscheidet."
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