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Trump gegen die Wissenschaft: Deutsche Forscher retten zensierte Daten

ARCHIV - 13.07.2018, Gro
Proteste gegen Donald Trump: Seine Art der Politik stößt auf Widerstand.Bild: PA Wire / Kirsty O'connor
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Trump gegen die Wissenschaft: Deutsche Forscher retten zensierte Daten

Forschungsfreiheit unter Druck: In den USA tobt ein Kampf um wissenschaftliche Daten. Präsident Donald Trump lässt viele von ihnen löschen. Doch in einem deutschen Institut geht man dagegen vor.
26.06.2025, 10:0126.06.2025, 10:01
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"Wissenschaft ist keine objektive Wahrheit, sondern eine politische Praxis", wusste schon Donna Haraway zu sagen. Was die Feministin und Wissenschaftstheoretikerin damit meint: Wissenschaft entsteht in einer Welt mit Machtverhältnissen, Ideologien und Interessen. Das prägt, was geforscht wird, wer forschen darf und welche Erkenntnisse anerkannt werden.

Auf dieser Ebene versucht der aktuelle US-Präsident, Einfluss zu nehmen. Die Trump-Regierung greift immer wieder Forschung an, die nicht zur eigenen politischen Agenda passt.

Eine dieser Maßnahmen ist die Löschung wissenschaftlicher Daten. Ausgerechnet in Hannover arbeiten IT-Expert:innen daran, dieses Wissen vor der digitalen Auslöschung zu bewahren. Ihr Ziel: die Freiheit der Wissenschaft – weltweit.

Trumps Löschung der Daten ist potenziell lebensgefährlich

Die aktuelle US-Regierung unter Donald Trump geht offenbar gezielt gegen unbequeme Wissenschaft vor. Besonders Daten zur Klimaforschung und zu Gender Studies, darunter Geschlechtergerechtigkeit oder trans* Gesundheit, stehen im Visier.

November 9, 2024, New York, New York, USA: A person holds a sign that reads HATE NEVER MADE AMERICA GREAT. Anti-Trump protesters hold banners and signs as they march through midtown Manhattan. A coali ...
In den USA gibt es regelmäßig massive Proteste gegen die rigorose Trump-Politik.Bild: imago images / Gina M Randazzo

In vielen Fällen bedeutet das: Inhalte verschwinden ohne Vorwarnung aus Forschungsdatenbanken. Doch es gibt Widerstand, nicht nur von der nationalen Wissenschaft und Politik, auch von Deutschland aus.

IT-Fachleute am Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften (TIB) in Hannover sichern gezielt wissenschaftliche Inhalte aus den USA, bevor sie gelöscht werden. Micky Lindlar, der maßgeblich an diesem Projekt beteiligt ist, sagt dem NDR: "Mit Datenrettung hilft man allen, und zwar über Generationen hinweg und überall auf der Welt."

Doch wie rettet das Team die Daten? Lindlar erklärt es so: "Die Maschine macht eigentlich nichts anderes, als jeden wissenschaftlichen Link zu öffnen und auf 'Speichern unter' zu klicken." Klingt simpel, ist aber gewaltig. Allein für die Sicherung von 2,7 Millionen wissenschaftlichen Artikeln der Plattform arXiv – betrieben von der Cornell University im US-Bundesstaat New York – benötigte selbst ein leistungsstarker Rechner fast zehn Tage durchgehenden Betrieb.

Willkürliche Löschung in den USA: Begriffe wie "Gender" fliegen raus

Die Methoden der US-Regierung wirken laut Expert:innen willkürlich. Es kursieren offenbar Stichwortlisten mit Begriffen wie "gender" oder "trans", deren Vorkommen zur automatischen Löschung führen kann. Lambert Heller, Leiter des Open Science Labs am TIB, erklärt: "Die Vorgehensweise der Regierung ist dabei total unsystematisch."

Zudem können die Folgen fatal sein – etwa für genderspezifische Medizinforschung. "Frauen zeigen bei einem Herzinfarkt oft andere Symptome als Männer", sagt Heller. Werden solche Studien gelöscht, gehe essenzielles Wissen verloren.

Internationale Graswurzelbewegung gegen Datenlöschung

Der Protest gegen die staatliche Zensur in den USA hat nicht nur das TIB auf den Plan gerufen. Inzwischen haben sich Hunderte Menschen und Institutionen weltweit zusammengeschlossen, um wissenschaftliche Inhalte zu bewahren. Die Bewegung heißt Safeguarding Research and Culture: Es ist ein internationales Netzwerk aus Einzelpersonen, Forscher:innen und Aktivist:innen, viele davon sind selbst betroffen von Zensur.

Auch private Server spielen dabei eine Rolle. Einzelpersonen speichern sensible Daten in Eigenregie, ergänzt durch Einrichtungen wie das TIB. Noch beschränken sich Löschungen auf US-Regierungsdatenbanken. Doch es ist denkbar, dass Universitäten künftig ebenfalls zur Löschung gezwungen werden könnten.

Daten-Backup der Forscher wartet auf seinen Einsatz

Das TIB in Hannover hat inzwischen ein vollständiges Backup der Plattform arXiv erstellt – mit wissenschaftlichen Arbeiten zu Physik, Mathematik und Informatik. Die Daten liegen in einem sogenannten "Dark Archive", also einem nicht öffentlich zugänglichen Archiv.

Das Backup umfasst derzeit rund 300 Terabyte. "Sobald arXiv die Artikel nicht mehr selber zur Verfügung stellen kann, weil sie zensiert wurden, wird aus dem Dark Archive ein Light Archive", sagt Micky Lindlar. Dann stünden die Daten weltweit wieder zur Verfügung.

Doch mit dem einen Backup ist es nicht getan. Jeden Monat prüfen die Fachleute in Hannover, ob neue Inhalte hinzugekommen sind, die gesichert werden müssen. "Die Rettung all dieser Daten erfordert unglaublich große Mengen Speicherplatz", sagt Lambert Heller.

Die Infrastruktur wächst stetig, ebenso wie die Bedeutung dieser Arbeit. Denn in Zeiten politischer Einflussnahme auf Forschung zeigt sich: Wissenschaft braucht nicht nur Freiheit, sondern auch Speicherplatz.

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