Seit Monaten wird in der ostukrainischen Stadt Bachmut heftig gekämpft. Viele Tausend Soldaten wurden bei dem Kampf um die Stadt entweder getötet oder verletzt. Auch Zivilist:innen werden immer wieder Opfer von Artilleriebeschuss.
Den aktuellsten Angaben der ukrainischen Verwaltung zufolge verharren in Bachmut noch rund 4000 Zivilist:innen, darunter 39 Kinder. Für die Entscheidung, nicht zu fliehen, gibt es unterschiedlichste Gründe, etwa die Angst, sich keine neue Unterkunft leisten zu können und auf der Straße zu landen. Andere haben bei vorherigen Fluchtversuchen bereits Verwandte verloren, wie etwa eine junge Mutter Nathalia Jewtoschenko, deren 16-jähriger Sohn bei dem Angriff auf den Bahnhof in Kramatorsk am 8. April 2022 ums Leben gekommen war.
Nun hat allerdings offenbar das Ministerkabinett einen Mechanismus für die Zwangsevakuierung von Kindern mit einem Elternteil aus dem Frontgebiet genehmigt. Zunächst gilt diese Genehmigung für das Gebiet Bachmut.
Das berichtet das ukrainische Nachrichtenportal Censor.net unter Berufung auf das Pressezentrum des Ministeriums für die Reintegration der vorübergehend besetzten Gebiete.
Demnach sei die Grundlage für eine solche Zwangsevakuierung die Entscheidung der regionalen Militärverwaltungen. Kinder würden demnach in Begleitung eines Elternteils oder eines Erziehungsberechtigten aus den Gebieten zwangsweise herausgeholt, sofern es die militärische Lage zulasse.
"Kinder im Kriegsgebiet können nicht für sich selbst sorgen. Daher tragen Erwachsene die volle Verantwortung für sie. Die Weigerung der Eltern oder Erziehungsberechtigten, ein Kind zu evakuieren, ist nicht zulässig. Schließlich steht ihr Leben auf dem Spiel", heißt es in dem Bericht des Ministeriums.
Um die Stadt Bachmut steht es momentan schlecht.
Russische Truppen haben die Stadt, in der vor der Invasion noch 73.000 Menschen lebten, fast vollkommen umzingelt. Expert:innen fürchten, dass die Stadt in den nächsten Tagen oder Wochen fallen könnte. Zurzeit gibt es nur noch eine Zufahrtsstraße in die Stadt hinein – oder eben aus ihr heraus. Zivilist:innen, etwa Hilfsorganisationen, werden momentan gar nicht mehr hereingelassen.
Zwar ist die Zahl der noch verbliebenen Kinder in der Stadt mit 39 angegeben, allerdings könnten es noch deutlich mehr sein.
Tatsächlich gibt es einige Familien, die ihre Kinder verstecken, wenn sie in ihren Luftschutzbunkern oder Wohnungen besucht werden. Sie fürchteten schon länger, dass eine Zwangsevakuierung angeordnet werden könnte.