Der russische Präsident Wladimir Putin wurde erstmals 1999 auf seinen Posten gewählt. Seither regiert er Russland – mit einer formalen Unterbrechung zwischen 2008 und 2012. In den vergangenen Jahren wurde es um ihn immer einsamer. Seine Amtskolleg:innen hat er etwa kurz vor dem Einmarsch in die Ukraine nur noch an einem extrem langen Tisch getroffen.
Seit der russischen Invasion vergräbt sich Putin noch mehr – sicherlich auch, weil gegen ihn ein internationaler Strafbefehl vorliegt. Vor seiner politischen Karriere war Putin als Offizier des russischen Geheimdienstes unter anderem in Deutschland stationiert. Der Mann, der heute wohl in weiten Teilen des Westens als größenwahnsinniger Tyrann angesehen wird, hat sein Leben also seinem Staat gewidmet.
Bilder und Auftritte Putins sind seit seiner Amtsübernahme stets inszeniert. Zu sehen ist meist ein Präsident, der Stärke ausstrahlt. An der Grenze zu toxischer Maskulinität – oder auch dahinter. Putin halbnackt auf einem Pferd, Putin mit großem Fisch beim Angeln, Putin mit riesigen Hunden.
Nun aber ist ein privates Video aufgetaucht, das den russischen Machthaber von einer ganz anderen Seite zeigt. Zu sehen sind auf dem Video, das dem finnischen TV-Sender YLE zugespielt wurde, vier Männer, die Tischtennis spielen. Ein Doppel. Einer von ihnen: der 40-jährige Wladimir Putin in Jogginghose und Unterhemd – und mit schlechtem Haarschnitt.
Der ehemalige Moskau-Korrespondent der Zeitung "The Guardian", Luke Harding, sagte zu diesem Auftreten:
Zu dieser Zeit war Putin noch KGB-Offizier und Berater des damaligen Bürgermeisters von St. Petersburg, Anatoli Sobtschak. Der war auf den Aufnahmen offensichtlich sogar Putins Doppel-Partner bei der Pingpong-Partie. Die Gegner: Sobtschaks Leibwächter. Ein Sieg, so wirkt es auf den Videos, war dem Sobtschak-Putin-Gespann gewiss.
Aufgenommen wurde das Homevideo wohl in einer Firmenvilla von Thomesto in Südfinnland. Das Holzunternehmen Thomesto unterhielt enge Geschäftsbeziehungen zu Russland. Und so auch zu Sobtschak – und damit zu Putin. Denn als Berater des Bürgermeisters war er unter anderem für enge Beziehungen der Stadt ins Ausland zuständig.
Neben dem doch eher legeren Auftreten Putins zeigt sich der Kreml-Experte überrascht über die Menschlichkeit, die der heutige Machthaber in dem Video ausstrahlt. "Das Auffälligste ist, dass er lächelt. Er sieht menschlich aus und nicht wie der Leichenfledderer, zu dem er geworden ist", zitiert YLE Harding.
So privat und derangiert ist Putin sonst nicht zu sehen. Die seltenen Aufnahmen gibt es in dieser Form wohl auch nur deshalb, weil Putin zu dieser Zeit noch keine Kontrolle darüber hatte, wie er abgebildet wird – und weil er wohl dachte, er könne sich im Privaten einfach ausleben. Kreml-Experte Harding nennt das Videomaterial deswegen "originell, faszinierend und fesselnd".
Gerade weil Putin so extrem auf seine eigene Inszenierung und die Fremdwahrnehmung achtet, hat sich der finnische Sender YLE vorgenommen, die Quelle des Videos zu schützen. Denn: Enthüllungen über Putins Privatleben könnten unvorhergesehene Folgen haben. Die Authentizität des Videos sei aber überprüft worden. Die Angaben lassen sich nicht überprüfen.