Der Krieg im Nahen Osten spaltet die Welt. In vielen Teilen kommt es zu gegenseitigen Anfeindungen der Unterstützenden-Gruppen. Jene, die die Palästinenser:innen unterstützen, gegen jene, die auf der Seite Israels stehen. Grautöne gibt es in diesem komplizierten und Jahrzehnte andauernden Konflikt kaum.
Auch in Deutschland gab es seit Oktober zahlreiche Demonstrationen, von denen auch gewaltvolle Bilder ausgingen. In einigen Städten wurden zudem Davidsterne an Häuser, in denen Jüd:innen leben, gesprüht. Antisemitisch motivierte Gewalt nimmt vielerorts zu. Ebenso wächst die Kritik an Israel. Selbst Verbündete, wie die USA, fordern Benjamin Netanjahu auf, sich zurückzuhalten.
Die Radikalität, mit der Israel gegen die Palästinenser:innen vorgeht, schockiert viele. An der Columbia-Universität in New York droht nun eine Eskalation der Auseinandersetzungen zwischen Gruppen der Unterstützer:innen.
Auf dem Campus der Uni brodelt es. Bereits am Donnerstag hatte die Polizei ein pro-palästinensisches Zeltlager auf dem Campus geräumt und gut 100 Teilnehmer:innen festgenommen. Diese hatten sich trotz mehrfacher Aufforderung geweigert, das Lager aufzulösen, wie ein Polizeisprecher bei einer Pressekonferenz sagte.
Columbia-Präsidentin Nemat "Minouche" Shafik hatte die Polizei selbst um Hilfe gebeten. "Ich habe diesen außergewöhnlichen Schritt unternommen, weil dies außergewöhnliche Umstände sind", schrieb sie in einer Mitteilung.
"Die Personen, die das Lager errichtet haben, haben gegen eine lange Liste von Regeln und Richtlinien verstoßen." Laut Berichten hat sich die Lage seitdem verschlimmert. Auf X kursieren Videos, die heftige antisemitische Äußerungen dokumentieren. In einem ist zu hören, wie Teilnehmende rufen: "We say justice, you say how? Burn Tel Aviv to the ground" (deutsch: "Wir sagen Gerechtigkeit, ihr sagt wie? Brennt Tel Aviv bis auf den Grund nieder").
Studierenden, so macht es in vielen Videos den Eindruck, wird der Zugang zum Uni-Gelände verweigert. Auf Social-Media tummeln sich Vergleiche mit der NS-Zeit. Auch damals wurden jüdische Studierende am Betreten der Universitäten gehindert.
Ein Rabbi hat seine jüdischen Studierenden mittlerweile sogar vor dem Columbia-Campus gewarnt. Wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichteten, schrieb Rabbi Elie Buechler: "Es schmerzt mich zutiefst, Ihnen sagen zu müssen, dass ich Ihnen dringend empfehle, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren und dort zu bleiben, bis sich die Lage auf dem Campus und in der Umgebung dramatisch verbessert hat."
Aus Sicht des Rabbis zeigten die Ereignisse auf dem Campus der Columbia-Uni, dass weder die Universität noch die Polizei für die Sicherheit jüdischer Studierender garantieren könnten. Auch an anderen Universitäten der USA ist die Lage für jüdische Studierende offenbar angespannt. Die "Jerusalem Post" berichtet etwa von einer Studentin, der bei von Demonstrierenden eine Fahnenstange ins Auge gestoßen wurde.
Sahar Tartak und ihr Freund seien daran gehindert worden, die Demonstrationen per Video zu dokumentieren. Tartak sei in ein Krankenhaus gebracht und versorgt worden. Auf den Campus traut sich die Jüdin vorerst nicht zurück, sagt sie im Gespräch mit der Zeitung.
US-Präsident Joe Biden hat mittlerweile Stellung zu den Ereignissen an US-Unis bezogen. Dabei nannte er die Columbia University aber nicht beim Namen. "Selbst in den vergangenen Tagen haben wir Schikanen und Aufrufe zur Gewalt gegen Juden erlebt", hieß es in einer Mitteilung. "Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich – und er hat auf dem Campus oder irgendwo in unserem Land absolut keinen Platz."
Gegen Antisemitismus müsse man seine Stimme erheben, betonte Biden. "Schweigen ist Mittäterschaft", stellte er klar.
(Mit Material der dpa)