Seit mehr als einem Jahr herrscht nun Krieg in der Ukraine. Zu einem Krieg gehört auch, dass die beiden Parteien jeweils Gefangene nehmen. In der Zwischenzeit hat es allerdings immer wieder Deals zwischen Russland und der Ukraine gegeben, in denen Gefangene freigelassen wurden.
Am Dienstag hat nun ein weiterer Gefangenenaustausch stattgefunden. Dabei sind 130 ukrainische Kriegsgefangene nach Hause zurückgekehrt. Unter ihnen waren 87 Verteidiger von Mariupol, darunter 71 Soldaten aus "Asowstal", und 35 ukrainische Soldaten, die in Bachmut und Soledar gefangen genommen worden waren.
Die meisten von ihnen haben nach Angaben der regionalen Militärverwaltung schwere Verletzungen.
Oft wissen Verwandte und Freund:innen der Gefangenen nicht, ob ihre Lieben noch am Leben oder ob sie im Krieg gefallen sind. Die Gefangenen gelten im Normalfall als vermisst.
Bei dem Gefangenenaustausch am Dienstag hat sich in diesem Zusammenhang eine sehr emotionale Szene abgespielt.
Die Szene wurde auf Video festgehalten. Darauf sieht man eine kleine, dünne Frau mit einem Blumenstrauß in der Hand. Sie hält ein Handy in der Hand und kann sich vor lauter Weinen kaum zusammenreißen.
"Hallo Sofiika, mein Mädchen, meine Tochter, hier ist deine Mutter", weint die Frau auf Ukrainisch ins Telefon.
"Mami", hört man durch das Telefon schluchzen.
"Ich liebe dich, mein Schatz! Ich bin in der Ukraine", sagt die Frau, die nach monatelanger Kriegsgefangenschaft entlassen wurde.
"Endlich, Mama!", ist die Tochter zu hören.
Draußen regnet es, die Frau trägt zwar einen Wintermantel, doch sie zittert am ganzen Leib. "Meine Tochter", sagt sie weiter, "ich bin bald zu Hause. Ruf Oma an, sag ihr, dass ich lebe und gesund bin. Ich liebe dich."
Im Krieg zwischen Russland und der Ukraine gibt es immer wieder Berichte über die Folterung von Kriegsgefangenen. Und zwar auf beiden Seiten. Im Dezember 2022 hatte die Beauftragte des ukrainischen Präsidenten für die Rechte der Soldaten, Alona Werbitska, bereits davon berichtet. Sie trifft sich regelmäßig mit Familienangehörigen ukrainischer Soldaten.
In einem Beitrag des ARD-Investigativteams "Kontraste" kritisierte Werbitska auch die Zustände, unter denen ukrainische Soldaten in den russischen Gefangenenlagern ausharren müssten. Medizinische Grundversorgung, Hygieneartikel, Nahrung oder Kleidung – all das stünde den meisten nicht zur Verfügung.
"Wir haben Soldaten, die jetzt im Winter in ihrer Sommerbekleidung aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehren", wird Werbitska in dem Bericht zitiert.
Laut den Vereinten Nationen berichten aber auch russische Gefangene von Misshandlungen und Folter, etwa von Elektroschocks. Die ukrainische Regierungsbeauftragte Werbitska versicherte in dem Beitrag allerdings, dass Ermittlungen angestellt würden. Und: "Sollten die Ermittlungen die Vorwürfe bestätigen, wird es für die Betroffenen strafrechtliche Folgen geben", sagte Werbitska "Kontraste".