Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat am Freitagabend die letzten Gespräche auf der Suche nach einer neuen Regierung geführt.Bild: ap / Alessandra Tarantino
International
30.01.2021, 09:0330.01.2021, 09:02
Zähe Verhandlungen in Rom: Italiens
Staatspräsident Sergio Mattarella hat am Freitagabend die letzten
Gespräche auf der Suche nach einer neuen Regierung geführt. Danach
entschied der 79-Jährige, den Präsidenten der Abgeordnetenkammer,
Roberto Fico, damit zu beauftragen, bis Dienstag auszuloten, ob es
eine Mehrheit unter jenen Gruppen gibt, die die bisherige Regierung
unter dem zurückgetretenen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte
unterstützt haben. Diese Möglichkeit habe sich aufgetan, sagte
Mattarella im Anschluss an die über drei Tage währenden Beratungen.
Der Präsident hatte am Freitag in seinem Amtssitz die
mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die Parteien des
Mitte-Rechts-Blocks empfangen. Zu ihm gehören die Fratelli d'Italia
von Giorgia Meloni, die Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und
die Forza Italia des früheren Premiers Silvio Berlusconi.
Fünf-Sterne-Bewegung will nur mit Conte weitermachen
Die Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung machten nach dem Gespräch
klar, dass sie nur mit Giuseppe Conte als Ministerpräsidenten
weitermachen wollen. Er sei die einzige Person, die das Land durch
diese komplizierte Zeit führen könne, sagte M5S-Interimschef Vito
Crimi. Nun sei der Moment, Verantwortung zu übernehmen und einen
gemeinsamen Schritt nach vorne zu machen.
Andere Töne kamen aus dem Mitte-Rechts-Bündnis: Man habe bei
Mattarella darum gebeten, die Auflösung des Parlament und die
Rückkehr zu Wahlen zu prüfen, sagte Salvini stellvertretend für den
Parteien-Block. Eine Neuauflage der alten Regierung hätten alle im
Bündnis abgelehnt.
Medien sprachen am Freitag von einer festgefahrenen Situation.
"Eine schnelle Lösung der Regierungskrise ist noch weit entfernt",
schrieb die Zeitung "La Repubblica". Die Regierungskrise sei kein
schöner Anblick. "Dennoch bleiben wir von einer Show hypnotisiert,
die so unsere ist, alles italienisch, tragikomisch. (...) Ein
bisschen beschämt, aber es macht süchtig", hieß es darin weiter.
Beobachter halten weitere Sondierungsrunden für möglich
Vor mehr als zwei Wochen war das Mitte-Links-Bündnis Contes, das
Italien seit September 2019 steuerte, zerbrochen. Ex-Premier Matteo
Renzi verließ im Streit um die Corona-Milliardenhilfen der EU mit
seiner Kleinpartei Italia Viva die Koalition. Seitdem hatte der
parteilose Conte nach neuen festen Helfern im Zwei-Kammern-Parlament
- besonders im Senat - gesucht. Renzi schloss eine Rückkehr seiner
Partei in die Regierung nicht aus, gilt aber als Gegner Contes.
Beim Ausloten der Machtoptionen moderiert Mattarella die
Debatten. Am Ende liegt es beim Staatschef, einen Politiker mit der
Regierungsbildung zu beauftragen oder vorgezogene Wahlen zu erwirken.
Bekommt ein Kandidat Mattarellas Auftrag, muss er von beiden
Parlamentskammern das Vertrauen erhalten.
Bis Freitag wurden in Rom mehrere Bündnisformen und Politiker als
mögliche neue Chefs gehandelt. Doch die Positionen lagen noch so weit
auseinander, dass Beobachter weitere Sondierungsrunden kommende Woche
für möglich hielten.
(mse/dpa)
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