Zähe Verhandlungen in Rom: Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat am Freitagabend die letzten Gespräche auf der Suche nach einer neuen Regierung geführt. Danach entschied der 79-Jährige, den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, damit zu beauftragen, bis Dienstag auszuloten, ob es eine Mehrheit unter jenen Gruppen gibt, die die bisherige Regierung unter dem zurückgetretenen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte unterstützt haben. Diese Möglichkeit habe sich aufgetan, sagte Mattarella im Anschluss an die über drei Tage währenden Beratungen.
Der Präsident hatte am Freitag in seinem Amtssitz die mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die Parteien des Mitte-Rechts-Blocks empfangen. Zu ihm gehören die Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni, die Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und die Forza Italia des früheren Premiers Silvio Berlusconi.
Die Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung machten nach dem Gespräch klar, dass sie nur mit Giuseppe Conte als Ministerpräsidenten weitermachen wollen. Er sei die einzige Person, die das Land durch diese komplizierte Zeit führen könne, sagte M5S-Interimschef Vito Crimi. Nun sei der Moment, Verantwortung zu übernehmen und einen gemeinsamen Schritt nach vorne zu machen.
Andere Töne kamen aus dem Mitte-Rechts-Bündnis: Man habe bei Mattarella darum gebeten, die Auflösung des Parlament und die Rückkehr zu Wahlen zu prüfen, sagte Salvini stellvertretend für den Parteien-Block. Eine Neuauflage der alten Regierung hätten alle im Bündnis abgelehnt.
Medien sprachen am Freitag von einer festgefahrenen Situation. "Eine schnelle Lösung der Regierungskrise ist noch weit entfernt", schrieb die Zeitung "La Repubblica". Die Regierungskrise sei kein schöner Anblick. "Dennoch bleiben wir von einer Show hypnotisiert, die so unsere ist, alles italienisch, tragikomisch. (...) Ein bisschen beschämt, aber es macht süchtig", hieß es darin weiter.
Vor mehr als zwei Wochen war das Mitte-Links-Bündnis Contes, das Italien seit September 2019 steuerte, zerbrochen. Ex-Premier Matteo Renzi verließ im Streit um die Corona-Milliardenhilfen der EU mit seiner Kleinpartei Italia Viva die Koalition. Seitdem hatte der parteilose Conte nach neuen festen Helfern im Zwei-Kammern-Parlament - besonders im Senat - gesucht. Renzi schloss eine Rückkehr seiner Partei in die Regierung nicht aus, gilt aber als Gegner Contes.
Beim Ausloten der Machtoptionen moderiert Mattarella die Debatten. Am Ende liegt es beim Staatschef, einen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen oder vorgezogene Wahlen zu erwirken. Bekommt ein Kandidat Mattarellas Auftrag, muss er von beiden Parlamentskammern das Vertrauen erhalten.
Bis Freitag wurden in Rom mehrere Bündnisformen und Politiker als mögliche neue Chefs gehandelt. Doch die Positionen lagen noch so weit auseinander, dass Beobachter weitere Sondierungsrunden kommende Woche für möglich hielten.
(mse/dpa)