Litauen gehört zu den Ländern in Europa, die sich von Russland am meisten bedroht fühlen. Denn das Land war nicht nur jahrhundertelang Teil des russischen Zarenreichs und später der Sowjetunion, sondern grenzt auch direkt an die russische Enklave Kaliningrad. Dort sind Truppen und Raketen stationiert. Zudem kommt es regelmäßig zu Cyberangriffen, Desinformationskampagnen und Provokationen vonseiten Russlands.
Nachdem eine russische Drohne mit Sprengstoff auf litauischem Gebiet abgestürzt war, forderte Litauen die NATO‑Mitgliedsstaaten auf, bei der Verstärkung seiner Luftverteidigung zu helfen. Litauen hat immer wieder gebeten, die militärische Präsenz an der östlichen Nato-Flanke zu erhöhen.
Klar ist: Die Bedrohung durch Russland prägt das Denken vieler Menschen im Baltikum. Nun geht Litauen einen ungewöhnlichen Schritt: Schon Schüler:innen sollen lernen, wie man Drohnen baut, programmiert und fliegt. Das Bildungsprojekt wird vom Verteidigungsministerium unterstützt – und gilt als weltweit einmalig.
Das vierjährige Programm soll die nächste Generation auf die Gefahren von morgen vorbereiten, wie "Le Parisien" berichtet. Demnach wird das Ganze aus einem Budget von 3,3 Millionen Euro finanziert, getragen von Verteidigungs- und Bildungsministerium sowie den Kommunen. Bis 2028 sollen Tausende Jugendliche geschult werden. Noch läuft die Testphase: Erst rund 300 Schüler:innen nehmen derzeit teil.
Im Ort Kėdainiai etwa sitzen bereits Zehn- bis Vierzehnjährige an Computern und üben per Simulator, schreibt die französische Tageszeitung. Andere steuern kleine Fluggeräte mithilfe von Joysticks oder mit Virtual-Reality-Brillen durch Reifen und Hindernisparcours.
"Drohnen sind die Zukunft", sagt Valdas Jankauskas, Leiter der staatlichen Bildungsagentur LINEŠA der Zeitung. Er hofft, dass 10 bis 15 Prozent der Teilnehmenden später Ingenieurwesen oder sogar eine Laufbahn in der Verteidigung einschlagen.
Das Projekt soll mehr vermitteln als nur technisches Wissen. Neben Programmierung, 3-D-Druck und möglichem Drohnenführerschein ab 16 Jahren stehen auch Gespräche über Politik und Patriotismus auf dem Plan.
Einige Kinder formulieren bereits klare militärische Vorstellungen. "Drohnen können viele nützliche Dinge tun, wie Bomben transportieren und auf Panzer abwerfen", erklärt der zwölfjährige Aironas. Er sei bereits gut informiert über den Drohnenkrieg, höre viel davon in den Nachrichten.
Die Kurse finden am späten Nachmittag statt, auf freiwilliger Basis. Manche Teilnehmende stellen sich vor, Drohnen später bei Hochzeiten einzusetzen. Andere träumen offen vom Einsatz an der Front. Ein Schüler kündigte laut "Le Parisien" sogar an, nach dem Abschluss an die Militärakademie gehen zu wollen.
Für den 14-jährigen Jonas geht es weniger um Krieg als mehr um Technik. Er reparierte schon sein eigenes Handy und ist fasziniert vom Basteln. Gleichzeitig bleibt er nachdenklich und sagt der Zeitung: "Mit all diesen Geräten frage ich mich, ob die Welt sicherer wird oder doch viel unsicherer."